FUNDSTÜCKE

1959: Großschotführung

Unsere Yachten, die wir heute klassisch nennen, waren ja auch einmal ganz jung, oft auch innovativ und fanden Beachtung in der Fachpresse. Solche Presseartikel lassen wir wieder auferstehen, denn sie vermitteln auch heute noch sehr schön den seinerzeit erreichten Entwicklungsstand auf dem Ausrüstungsmarkt und im Yachtbau. Zugleich verdeutlichen sie, dass der heutige historische Wert einer Yacht eng mit dem Erhalt hier beschriebener Details zusammenhängt.

Für den Trimm von Yachten hat die Großschotführung eine immer stärkere Bedeutung bekommen. In einigen Einheitsklassen spielt sie durchaus eine entscheidende Rolle. Erinnert sei an die Überlegenheit, die Poul Elvström bei den Olympischen Spielen 1952 im FinnDinghy durch seine Großschotschiene, die dann noch während der Olympia-Regatten verkürzt werden musste, erreichte.

Eine sehr wichtige Frage beim Trimmen ist die Schotführung des Großsegels. Dort, wo die Art der Schotführung freigestellt ist, sieht man, dass es auf jeder Yacht wieder anders gemacht wird. Aber die Schotführung beeinflusst Stand und Form des Großsegels in hohem Maße, das ist klar.

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1. Die traditionelle Schotführung mit zwei festen Fußblöcken auf einem Seekreuzer.
2. Kurze Schiene und zwei am Baum feste Blöcke auf einem 5,5er.

Wie man die Schot führt, hängt weitgehend vom Winde ab; und es gilt herauszufinden, was nach den Umständen am günstigsten ist.

Ein Beispiel hierfür ist die raffinierte Konstruktion der Großschotschiene auf der Yacht "Columbia". Konstrukteur Olin Stephens hat darauf viel Nachdenken verschwendet, und es ist nun möglich, die Stellung des Großschotfußblockes nach Belieben zu verändern und festzulegen.

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3. Großschotschiene in der Plicht eines Drachen.
4. Der uralte Leitwagen wird auf einem Drachen gefahren.

Statt auf alle möglichen, auf Rennyachten gebräuchliche Konstruktionen einzugehen, soll mit der Skizze erklärt werden, wie einschneidend die Wirkung der Schot auf das Großsegel und dessen Form sein kann. Wo ein Jackstag zugestanden wird, tut man gut, es anzuwenden und verstellbar zu machen. In Abbildung A sehen wir eine solche Konstruktion, die das Segel flacher macht; es kann besser getrimmt werden. Dies ist sehr gut bei steifem Wind. In Abbildung B wird die Schot von einem festen Punkt der Yacht geführt; das Segel steht bauchig. Und dies ist ein guter Trimm für leichteres Wetter. In Abbildung C ist beides kombiniert; hierdurch wird nach zwei Richtungen Druck auf Großsegel und Großsegel ausgeübt, was einen Mittelwert ergeben soll.

Welche Methode unter gegebenen Umständen richtig ist, lässt sich schwer sagen. Das muss der Segler selbst mit seiner eigenen Yacht ausprobieren. Es lässt sich nur durch Versuche beim Rennen herausfinden. Da die Erfahrung uns aber - so groß sie auch sein mag - doch einmal im Stich lassen kann, tut man gut, sich einen bewährten Trimm zu merken, das heißt: mit Hilfe von Merkzeichen den besten Zustand ein für allemal festzulegen. Für die Crew ist es sicher ein ausgezeichnetes Hilfsmittel. Haben wir für Segel und Mast den günstigsten Trimm gefunden, so wird ein guter dynamischer Effekt erreicht, der sich dann bei der Regatta als Überlegenheit auswirkt.

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5. Die häufig verwendete Stange für den Großschotblock auf einem Finn. Die zwei Blöcke sind am Großbaum starr befestigt.
6. Großschotschiene und Stange auf einem Finn.

Eine ziemlich vage Andeutung, sollte man sagen; aber sie ist doch richtig, da das Rennsegeln ja nun einmal eine Gefühlsfrage ist. Auch lässt der richtige Trimm der Schoten sich nicht immer beschreiben. Ein plötzliches Anwachsen des Windes macht sogleich einen anderen Trimm notwendig. Bei steifem Wind soll die Fock so dicht wie möglich geholt werden (zu dicht ist unmöglich). Hiermit wird das günstigste Ergebnis eher erreicht, als mit einer freier auswehenden Fock. Das Großsegel braucht nicht ganz so dicht geholt zu werden; das Achterliek soll mehr Lose haben, wodurch Luvgierigkeit vermieden wird.

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7. Starboot mit Schiene für die Großschotblöcke am Großbaum.
8. Die Großschotschiene an Deck eines Starbootes. Der Fußblock wird durch einen durchs Deck laufenden Draht auf der Schiene festgesetzt.
9. Befestigung der zwei Großschotblöcke an einem Finn-Großbaum.

Vor allem größere Focks und Genuas müssen dicht geholt gefahren werden; natürlich aber nur bei sehr wenig Wind. Bei einer Genua ist der richtige Trimm noch viel wichtiger als bei der Fock. Auch bei der Genua muss das Killen etwa in der Mitte des Vorlieks anfangen und das Achterliek muss eine Krümmung erhalten, die mit der des Großsegels ungefähr parallel verläuft. Mit anderen Worten: das Achterliek der Genua und der Bauch des Großsegels müssen einen Spalt ergeben, der über seine volle Länge die gleiche Breite aufweist.

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10. Doppelschotring und Schiene auf dem Reitbalken auf einer O-Jolle.
11. Reitbalken, Schiene und Stange auf einer H-Jolle.

Beim über-Stag-gehen soll die Genua oder Fock erst dann gefiert werden, wenn die Yacht richtig in den Wind geluvt ist; das Flattern der Fock wird hierdurch vermindert. Die Fock soll gemächlich überkommen und dem Boot beim über-Stag-gehen die richtige Stetigkeit geben. Es ist dann sehr wichtig, die Fock - liegt das Boot auf dem anderen Bug - rasch herüberzunehmen, denn sie soll schon wirken, ehe das Großsegel voll steht.

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12. Schiene zum Verstellen der Großschotblöcke am Großbaum eines Finn, dazu Schiene mit Rutscher auf dem Reitbalken.
13. Schiene mit Rutschern für die Großschotblöcke an einem Jollen-Großbaum.

Der Steuermann hat mit dem Trimm der Großsegelschot, wobei ihm ein Mitglied der Mannschaft zur Hand gehen mag, genug zu tun. Bei diesem Trimm ist auf den Stand des Großsegelachterlieks zu achten. Es muss eine Rundung erhalten, die in der oberen Hälfte am größten ist. Probieren und experimentieren! - heißt es auch hier. Die eine Yacht reagiert ganz anders als die andere und ein Wechsel in der Stärke des Windes bedeutet schon viel.

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14. Befestigung des Großschotblocks an einem Drahtstropp. Diese Anbringungsart ist auch bei Folkebooten üblich.
15. FD mit Großschotschiene, Querstange + Schiene für den Großschotblock am Fußboden.

Man vergesse nicht, daß der Wind niemals konstant bleibt; die Schoten dürfen keinen Augenblick ohne Kontrolle sein. Vor allem bei leichterem Wind muss die Geschwindigkeit durch ein Spielen mit den Schoten geregelt werden. Die Führung der Großsegelschot muss so beschaffen sein, dass es jederzeit möglich ist, mit ihr zu arbeiten, besonders auf leichteren Yachten.

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16. Diese Ausführung auf einem FD beschränkt sich auf eine Querstange, auf der der Großschotblock gleitet. Er wird durch ein nach beiden Seiten fahrendes Ende festgesetzt.
17. Die bis dahin übliche Großschotschiene auf einem FD.

Auf den meisten Yachten ist beim Segeln am Wind während einer Regatta der richtige Platz des Holepunktes ein Gegenstand der Sorge. Was beim Vor-dem- Wind-Segeln richtig ist, gilt keineswegs für Segeln mit halbem Wind; es ist erforderlich, den Holepunkt zu wechseln und einen Extra-Beschlag anzubringen. Jede Yacht, ob groß oder klein, hat ihre eigenen Trimmprobleme. Und der Steuermann kann allein nur dann Erfolg haben, wenn er diese Probleme löst.



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