KULTURELLES

Zwischen Gerichtssaal und Regattabahn

– der Illustrator und Maler Hinnerk Bodendieck

Die Bewegung von Yachten auf dem Wasser mit wenigen Pinselstrichen festzuhalten, diese dynamische Art, Bilder zu malen kennt man von Hinnerk Bodendieck. Ob von einer langen Reise von Schweden nach Portugal mit der „Undine“, dem Lastensegler von Joachim Kaiser, von der Regatta „Rund Skagen“ auf der Swan „Elan“ von Harald Baum oder einfach im Hafen von Flensburg oder Laboe bei einer Klassiker-Regatta, immer gelingt es ihm, die Schönheit und Dynamik von Yachten und Schiffen eindrucksvoll auf die Leinwand zu bringen. Mit seinem fotografischem Gedächtnis hält er die wichtigen Augenblicke fest, um sie später im Atelier auf die Leinwand zu bringen. Auch wenn viele Skizzen unmittelbar entstehen, wie auf der „Elan“, während der Regatta im Cockpit oder auf dem Vordeck sitzend, auf dem Schoß seinen „Laptop“, wie er liebevoll sein Köfferchen mit Ölfarben, Pinseln und Palette getauft hat.


6er auf der Förde


12er “Vanity” nach Zieldurchlauf

Eine Triebfeder für seine Arbeit ist die Freude an den Bewegungen der Yachten in der See, die er als erfahrener Segler kennt. Die Identifikation mit dem, was er zeichnet, gehört für ihn unbedingt dazu. Nur so kann er dem Betrachter das Gefühl vermitteln, was auf dem Bild passiert, was er gesehen hat. Und nur aus der Kenntnis des Segelns kann er das Motiv auf die wichtigen Teile reduzieren, eine Winsch muss nur angedeutet werden, nicht jede Relingsstütze muss abgebildet sein.

Schon seit frühester Jugend zieht es ihn auf das Wasser – das Segeln lernt er auf der Elbe. Er baut als Jugendlicher mit Helfern in dreijähriger Arbeit die V-Jolle „Wildling“, aus drei Lagen verleimtem Mahagoni über ein selbst konstruiertes Mallengerüst. Mit acht Metern Länge, 750 kg Gewicht und 30 qm Segelfläche eine Rakete, die nur von drei Mann im Trapez gebändigt werden kann. Nach einem ersten Ritt über die Ostsee nach Stockholm wagt sich die Crew ins Kattegatt und auf die Nordsee.

Er studiert an der Fachhochschule Hamburg für Gestaltung, arbeitet in dieser Zeit als Illustrator für den bekannten Yachtfotografen Peter Neumann. Nach der Lektüre von Lion Feuchtwangers Roman „Goya oder der arge Weg der Erkenntnis“ reist er mit dem Fahrrad auf den Spuren Goyas durch Spanien. Mit bleischweren Kunstbüchern in den Packtaschen, um in den Museen die Abbildungen mit den Originalen zu vergleichen. Seine Diplomarbeit ist eine grafische Erzählung über das Leben von Francisco de Goya. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wird seine Liebe zur See, zu Schiffen und zur Malerei zum Broterwerb. Er erhält Aufträge aus maritimen Kreisen, tritt in Gruppen- und Einzel-Ausstellungen an die Öffentlichkeit, sein Stand unter den Marinemalern auf der Hanseboot gehört zur herbstlichen Routine.

Als der Lotsenschoner „Nr. 5 Elbe“ der Stiftung Hamburg Maritim, der 1884 auf der Stülckenwerft gebaut wurde, 2004 nach der Restaurierung wieder zu Wasser geht, studiert Hinnerk die Geschichte der Elblotsen, die noch bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts in der Elbmündung bei Windstärken bis acht mit Ruderbooten versetzten. Um diesen harten Job auf der Leinwand darzustellen, setzt er sich gedanklich ins Boot und lässt sich am Ende eines Lotsauftrages zur „Nr. 5 Elbe“ zurückrudern. Er stellt den Augenblick dar, nachdem der Lotsenschoner von der Luvseite um das gelotste Schiff herum auf die Leeseite gesegelt ist und mit backgesetzter Fock solange beidreht, bis das Versetzboot hinter seinem Heck auf die geschützte Seite gerudert ist, um dann Lotse und Boot wieder aufzunehmen. Auf dem hohen Bug zeichnet eine tief stehende Sonne den harten Schatten des Klüverbaumes. Über der Luvreeling hängt das zweite Versetzboot. Hinnerk ist fasziniert von dieser „handbetriebenen“ Seefahrt, bei der sich Kämpfer- und Entdeckerglück mit der immer vorhandenen Möglichkeit des Scheiterns vereinen.

2004 bringt eine Ausstellung im Altonaer Museum, während der er acht Wochen lang vor Publikum malt, eine abrupte Wende. Der tägliche Druck, immer wieder etwas Neues, möglichst Perfektes produzieren zu müssen, dabei von vielen Augen beobachtet zu werden, führt zu einer Schaffenskrise. Danach ist für ihn nichts mehr wie vorher – ein Wandel stellt sich ein.

Seither arbeitet Hinnerk mehr und mehr als Illustrator. In einer Reihe von Aufträgen der FAZ ist er als Gerichtsmaler tätig, der letzte Bereich von Reportagen, in dem der Skizzenblock noch nicht von dem Fotoapparat abgelöst worden ist. Die Arbeit des Illustrators, die es schon 200 Jahre vor der Fotografie gegeben hat, reizt ihn mehr und mehr. Er besucht nicht nur Gerichtssäle, um Angeklagte und Richter darzustellen, die dokumentierende Malerei führt ihn in OP-Räume, wo er Akteure und Details von neurologischen Operationen festhält. Er geht zu politischen Veranstaltungen, skizziert dort Redner und Publikum, er illustriert häufig Zeitungsartikel. Auf seiner gerade entstehenden Webseite ww.atelier-bodendieck.de/test kann man sich schon jetzt einen Eindruck über die Vielfältigkeit seiner Arbeit verschaffen – natürlich gibt es auch viele maritime Schmuckstücke zu sehen.

Heute ist Hinnerk Lehrbeauftragter an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, gibt hier seine Künste und Erkenntnisse an die Studenten weiter. Auch wenn sein beruflicher Werdegang ihn zurzeit in die dokumentierende Malerei führt, seine Liebe zu Yachten ist geblieben – nach wie vor besucht er Klassiker-Regatten, malt Schönheiten wie „Peggy Bawn“ und „Heti“ mit der gleichen Passion wie früher. „Segeln, Lieben, Bewahren“, die Plakette für die jährliche Preisverleihung hat Hinnerk für den Freundeskreis gestaltet. Damit hat er ganze Arbeit geleistet, der Entwurf der Plakette ist so gelungen, dass daraus auch ein Poster wurde, das auf dem Stand der diesjährigen Hanseboot ein echter Hingucker war.

Bernd Cordes


Die eigenen Boote...
V14 “WILDLINGIN” IM SKAGERRAK
BLITZJOLLENKREUZER “SPERENZCHEN” IM WATT
GIG “KRONPRINZESSIN UTE”

Weitere Infos:

Hinnerk Bodendieck
Beerenweg 1f, 22605 Hamburg
Tel. 040- 898945
www.atelier-bodendieck.de
Foto: Kai Greiser
Tipp: Kai hat in “Segeln” 11/03 einen schönen Artikel über Hinnerk Bodendieck veröffentlicht: “Farben des Wassers”



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