KULTURELLES

Historischer Hafen Flensburg

von Bert Lorbach

In Flensburg wächst zusammen, was zusammen gehört. Und darauf können sie stolz sein, die Flensburger. Wovon die Rede ist?
Von einem im Bereich der historischen Seefahrt wegweisenden Projekt, dem GESAMTKONZEPT HISTORISCHER HAFEN FLENSBURG.

Wie es dazu kam:
An der Hafenspitze im Herzen Flensburgs, an der sich all das nun folgende ereignet, wird im Jahre 1979 der Verein „Museumshafen Flensburg e.V.“ gegründet. Aufgabe des Vereins:
“Wiederherstellung und Infahrthaltung traditioneller Segelschiffe und anderer historischer Wasserfahrzeuge.” Diese sehr offene Bestimmung wird eingegrenzt auf die “segelnden Berufsfahrzeuge der Revier- und Küstenfahrt“, also kleine Frachtsegler, Fischereifahrzeuge, Dienstfahrzeuge, wie z.B. Zoll-, Lotsen- und Rettungskutter, wie sie traditionell in der Ostsee gebraucht wurden. An die segelnden traditionellen Lustfahrzeuge oder Sportboote wird zu dieser Zeit in Flensburg noch nicht gedacht. Der Verein will primär der großen Schifffahrtsgeschichte der Stadt Flensburg und der Lebensqualität im Hafenbereich durch die Präsentation der alten Schiffe ihren Beitrag erweisen. Der Verein definiert sich darüber hinaus als ein Kulturverein, dessen weiteres Ziel die Denkmalpflege für traditionelle Schiffe, die Pflege der Seemannschaft und der lebendige Umgang mit alter Schifffahrtskultur in Handwerk und Kunst ist. Daraus hat sich seit 1979 der aktive regelmäßige Umgang mit vereinseigenen Schiffen ergeben. Dabei kann sich jedes Vereins-mitglied in der traditionellen Art der Schiffsführung üben. Neben den beiden vereinseigenen Schiffen präsentieren sich zu Zeit weitere 17 Schönheiten aus Mitgliederhand entlang der Kade. Mit der Rum-Regatta, die weit über die Stadtgrenzen bekannt ist, organisiert und weist der Verein auf die historische Bedeutung der Stadt Flensburg als „Rum-Stadt“hin, mit der „Apfelfahrt“ werden historische Bräuche (Apfelverkauf vom Schiff aus) gepflegt, um nur zwei Beispiele für die kulturellen Aktivitäten zu Wasser zu nennen. Den Winter verbringt man gesellig im „Herrenstall“, dem Vereinshaus, sowohl unterhaltsam als auch ernsthaft bei fachbezogenen Vorträgen und Diskussionen unter dem Titel „Bullauge“. Als weitere Attraktion gelang es dem Verein 1990 einen hölzernen Kran von 1762 in die Kaianlage zu integrieren, der in früheren Zeiten zum Riggen (Setzen und Ziehen des Mastes) genutzt wurde. Unter den mittlerweile 21 Museums-häfen in Deutschland hat sich Flensburg zum Vorzeigestück entwickelt. Eine eigene Zeitschrift (“Hafenblatt”), die in den Verein, die Stadt und die Region wirken will, vervollständigt dieses Kernstück des neuen Flensburger Hafenkonzepts (Heute ist das “Hafenblatt” das Organ der Vereine und Organisationen, die am Gesamtkonzept beteiligt sind).

Ab 1996 kommt eine neue maritime Facette an die Hafenspitze. Es entsteht mit Hilfe der EU und des Landes hier und Spenden, Eigenleistungen da (je zur Hälfte) die „Museumswerft Flensburg GmbH“. Ziel dieser Einrichtung:
“Zeigen und Bauen von typischen Frachtseglern und offenen Arbeitsbooten für Handel und Fischerei auf der Ostsee im 18. und 19. Jhdt.” Daneben sollen traditionelle Bootshandwerke weitervermittelt und soziale Projekte initiiert bzw. unterstützt werden. Der Besucher erlebt die historische Arbeitswelt real. Er erlebt altes Handwerk wie Kalfatern, Planken biegen oder Schäften. Er sieht zu bei der Entstehung von Booten, wie z.B. dem Großprojekt einer Danske Jagt von 1794 oder bei Schulprojekten, die den Werkunterricht zum Bootsbau in die Werft auslagern. Wem danach ist, der kann eine Hafenrundfahrt mit der selbst gebauten „Eurydike“ machen. Sogar ein Fernsehprojekt um das selbst fertiggestellte Schiff „Fortuna“ ist vor kurzem in der rührigen Hafenwerft umgesetzt worden. Die Werft versteht sich zwar als historische Werft, dennoch produziert sie auch: immer wieder werden kleinere Jollen, aber auch fachkundige Reparaturarbeiten an historischen Schiffen in Auftrag genommen. Zudem begreift sie sich grenzübergreifend: Mit den Seefahrtsmuseen in Apenrade und Marstall, dem Ziegeleimuseum Catherinesminde und dem Verein „Det maritime Kalö“ auf dänischer Seite ist ein Wirtschafts- und Kulturprojekt zur Stärkung eines sanften, maritim orientierten Tourismus und zur Einrichtung von Dauerarbeitsplätzen entstanden. Auf der Werft gibt es ein Cafe, einen Shop und auch Bastelgelegenheiten für Kinder. Zuletzt entstand in aufwändiger und ausgetüftelter Manier der vielleicht eigenwilligste Slipway der Welt, auf dem der Slipwagen drei Kurven nehmen muss: für viele weitere erfolgreiche Bootsbauprojekte in alter Manier.

Der Tatsache der Existenz von Museumshafen, Museumswerft und Schifffahrtsmuseum als einem eigentlich zusammenhängenden Grundensemble haben sich im Lauf der Jahre die meisten Beteiligten zu gegenseitigem Wohle und zum Wohle der Stadt immer weniger verschließen können und wollen. Gedanken und Energie richten sich nämlich immer mehr darauf, das alles zusammen in ein schlüssiges Gesamtkonzept zu fassen. Zumal mit der Rettung von Deutschlands ältestem seegehenden Passagierdampfschiff „Alexandra“ auch der Anfang für eine museale Dampfersammlung gemacht wird (erstes historisches Dampfertreffen: 1989/90), die Regattatätigkeit zunimmt und durch neue Veranstaltungen zusätzlich der Bereich Sportboote in den Focus einer mittlerweile internationalen Öffentlichkeit getreten ist ("Robbe-Berking-Classics").


Quelle: www.historischer-hafen.info

So entsteht 2005 konsequenterweise der Verein „Klassische Yachten Flensburg e.V“, dessen Ziel Aufbau und Präsentation einer Klassikersammlung ist, die der Entwicklung der klassischen Sportboote in der westlichen Ostsee Rechnung tragen soll. Der Verein kann mit 15 beispielhaften Yachten starten und findet sogleich große Beachtung.
Flensburg ist trotz seiner großen Geschichte der segelnden Berufsschifffahrt durchaus auch historisch prädestiniert für ein solches Unterfangen, gibt es doch die Tatsache, dass auf dem Flensborg-Fjord bereits 1855 eine Regatta zwischen Ochseninseln und Innenförde veranstaltet worden ist, zu der vom dänischen König der Pokal gestiftet wird und die startenden Boote sogar aus Kopenhagen, Kiel und von der Eider anreisen.
Wir alle kennen Diskussionen um die Frage, was eine „Klassischen Yacht“ sei, und wie die Antworten darauf auseinandergehen. Die Flensburger Antwort enthält einen hohen Anspruch, der allerdings ausgezeichnet zu dem nicht minder hohen Anspruch des Museumshafens Flensburg und seiner Arbeitsschiffe passt, nämlich im Bereich des klassischen Yachtbaus die entscheidenden Entwicklungsstufen zeigen zu können. Es geht z.B. um den mode-raten Umbau von Gebrauchsbooten der Fischer zur mehr sportlichen Nutzung im 19. Jahrhundert bis zu Yachten der 1970er Jahre.
So ist beispielsweise das größte Schiff der bereits bestehenden Sammlung die „Willow Wren („Weidenzweig“)“ aus dem Jahr 1886. Sie vertritt die englische Linie in der Entwicklung des Segelsports, die schon sehr früh Einfluss auf die Konstrukteure des Ostseeraums genommen hat. Entscheidend ist, dass es sich hier um ein Zeugnis für den Übergang vom Fischereifahrzeug zur Privatyacht handelt. Senkrechter Kuttersteven und lang überhängendes Heck verdeutlichen Bauauffassung und Kenntnisstand der damaligen Konstrukteure.

Mit Hilfe der Stadt Flensburg, des Landes Schleswig-Holstein und der EU werden in 2007 der Klassikerhafen, die Dampferbrücke und drei Servicepavillions errichtet. Der neue lange Ponton für die klassischen Sportboote schwimmt bereits, das zünftige Zugangstor leuchtet einladend in dänischem Sonnengelb und alles ist dazu angetan, weitere Schönheiten einem interessierten Publikum zu zeigen.
Eine Luftaufnahme der Hafenwestseite der Flensburger Innenförde, aber auch eine einfache Lageskizze mit der weit umgreifenden Überschrift „HISTORISCHER HAFEN FLENSBURG“ zeigen der historisch interessierten maritimen Welt, welch ein Juwel die Zeit dort geschliffen hat.

Auf weitere Konzepte ähnlicher Art dürfen wir gespannt sein und um die Zukunft der traditionellen Seefahrt und des klassischen Bootsbaus muss man sich vielleicht ein ganz kleines bisschen weniger sorgen.



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