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segeln, lieben, bewahren

Torsten Conradi, Präsident des Deutschen Boots- und Schiffbauer Verbands vergab am 4. November 2015 im Rahmen der "Hanseboot" die Plakette „segeln, lieben, bewahren“ des Freundeskreises Klassische Yachten an Marcus R o g o z i n s k i für den Erhalt der Mälar 22 „La Petite“.

Von rechts: Messechef Bernd Aufderheide, DBSV-Chef Torsten Conradi, Preisträger Marcus Rogozinski, Ulrich Körner vom FKY-Hanseboot-Team


Aus der Laudatio Torsten Conradis, des Präsidenten des Deutschen Boots- und Schiffbauerbandes:

"Der Schärenkreuzer, über den es hier zu sprechen gilt, geht im Grunde zurück auf die Entwicklung ganz anderer Boote, nämlich der „mR“. Die heutige selbst ernannte „Königsklasse“ der Flotte klassischer Yachten entstand Ende des 19. Jahrhunderts mit der von Dänen Benzon entwickelten internationalen R-Yacht Vermessung.
Im Kreis Stockholmer Segler erkannte man sehr früh den durch diese Formel mit ihrem größeren Faktor „d“ (= Verdrängung) vorgezeichneten Weg. Man wollte die Hinwendung zu schwereren, in Anschaffung und Betrieb kostspieligen Yachten nicht mitgehen. Statt dessen verfolgten sie eine andere Idee, bei der lediglich der Antrieb der Yacht, also die Segelfläche definiert und ansonsten dem Konstrukteur freie Hand für die Entwicklung eines schnellen Rumpfes gelassen wird.
In Anbetracht der damaligen bootsbauerischen Möglichkeiten war auch hier der Weg vorgezeichnet, nämlich hin zu längeren Schiffen mit filigran überhängenden Vor- und Achterschiffspartien, die bei Leichtwindverhältnissen über dem Wasser schweben. Erst bei zunehmender Fahrt strecken diese Überhänge die Wasserlinie, steigern die Rumpfgeschwindigkeit und heben mit ihrem zusätzlichen Auftrieb den Mittschiffsbereich bei Seegang aus dem Wasser.
Die Möglichkeiten wurden weidlich ausgereizt, bis an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber, was letztlich zu ersten einschränkenden Grenzmaßen in Konstruktion und Bauausführung führte. So ist im Schärenkreuzer eine frühe Ausführung des „Leichtdeplacement“ späterer Jahre zu sehen.


Die Boote mit ihren filigranen Rümpfen und exzellenten Segeleigenschaften fanden schnell Verbreitung. Ideal in den geschützten Gewässern des schwedischen Schärengartens und der Binnengewässer. Sie können aber – wie spektakuläre Einzelfälle belegen – auch in ausgesprochen rauhen Gefilden bestehen. Schärenkreuzersegler scheuen nicht die Nähe zum Wasser. Im Gegenteil, sie suchen – und bekommen sie. Einen schlanken, „auf der Backe“ liegenden Rumpf durchs Wasser zu schicken, der am Wind jeder feinen Bewegung der leicht zitternden Pinne gehorcht, ist damals wie heute ein exquisiter Genuß.

Heute blickt man auf 9 Schärenkreuzerklassen, darunter auch Binnenkreuzer in verschiedenen Varianten, u. a. auch das 22m2 Mälarboot. Es geht zurück den Entwurf aus der Feder des legendären Konstrukteurs Gustaf Estlander für die „Mälaren Yachting Association“, die die Entwicklung des Segelsports auf dem Mälar-See, dem großen Stockholmer Binnensee, vorgetrieben hat. Gebaut aus heimischer Kiefer, mit einigen stählernen Spanten. Und einer Kajüte, die zumindest das Gefühl eines gewissen Komforts aufkommen läßt. Das Boot mit 9 12 m Länge bei nur 1,8 m Breite zeigt den typischen schlanken Rumpf. Während der Schärenkreuzer als markantes Signet den aufwendig verleimten Mast mit gekrümmtem Topp aufweist, kommt das Mälarboot mit einer geraden Segelstenge daher.

Insgesamt wurden Segelnummern bis 137 vergeben. Die Register geben aber nur Auskunft über 134 gebaute und klassifizierte Mälar 22. Viele sind bis heute erhalten, mindestens 6 Boote werden in Deutschland gesegelt. Die Nr. 1 „Emett“ gar wird in Stockholm museal ausgestellt.

Der hier ausgestellte Mälar 22 „La Petite“ wurde 1945 bei Enar Johansson Båt in Norrtälje gebaut und trägt die Segelnummer 120. Daß dieses Boot hier steht, ist besonderer, ausdrücklicher Wunsch des Freundeskreises klassische Yachten. Ginge es nach dem Eigner, hätte hier ein anderer Mälar 22 gestanden. Denn – wie man sieht – dieses Boot ist nicht fertig. Nach nahezu 70 Jahren war es Zeit für größere Arbeiten. Mehr als nur „Haare schneiden und rasieren“. Darüber geben einige der ausgestellten Requisiten Auskunft. So ist das Boot Zeugnis für eine (bis dahin) gelungene Instandsetzung und jetzt in einem Zustand, der dem Besucher noch Einblick in das Innenleben eines klassischen Holzbootes erlaubt. Daß der Eigner sein Geld mit der Pflege und Instandsetzung hölzerner Boote verdient, sei hier nur insoweit von Belang, als daß eigene Projekte stets hinten anstehen und hier also in größeren Zeiträumen zu denken ist.

Mit der vom Hamburger Künstler Hinnerk Bodendieck gestalteten Plakette „Segeln, Lieben, Bewahren“ soll der Erhalt auch historisch wichtiger Exemplare des maritimen Erbes gewürdigt werden.
Auch wenn der Erhalt hier noch nicht ganz zu Ende geführt wurde, ist es mir eine Ehre, Ihnen Herrn Rogozinski in diesem Jahr diesen Preis überreichen zu dürfen."

Fotos: Ariane Schulz



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