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Schanzenberg Classics 2009

Endlich auf dem Wasser – endlich fällt die Anspannung der letzten Tage ab. Wird das Wetter besser? Werden auch alle gemeldeten Boote kommen? Haben wir wirklich an alles gedacht? Schließlich ist es das erste Mal, dass wir im Segler-Club Hansa eine Holzbootregatta auf dem Ratzeburger See veranstalten. Immerhin konnten wir den 111. Geburtstag unseres Vereins, des Segler-Club Hansa aus Lübeck, zum würdigen Anlass nehmen, diese Wettfahrten auszurichten. Bis in die 50er Jahre hinein war dieser Verein die Heimat von noch ca. 20 hölzernen Rennjollen. Es war nicht einfach, einen Termin zwischen den etablierten Veranstaltungen zu finden. Aber nun ist es geschafft – 23 Boote haben gemeldet und kommen langsam aus den Boxen heraus: alle im Norden segelnden 15 qm Rennjollen, H-Jollen, diverse wundervolle Jollenkreuzer, ein Schratz, ein Folke und ein Folke Junior, eine Olympia-Jolle, ein alter Korsar, ein Zugvogel sowie eine in Blankenese im Wohnzimmer gebaute Gig. Eine tolle Mischung aus wunderbaren Booten. Mahagoni soweit das Auge reicht vor einer atemberaubenden Kulisse. Dunkle Wolken, dazwischen immer wieder die Sonne, weiße Segel, dunkelgrünes Ufer dahinter und - reichlich Wind. Die Rennleitung hat ein Dreieck ausgelegt, das dreimal zu umfahren ist. Start und Ziel liegen direkt vor dem Clubsteg und die Wettfahrten sind von Land aus gut zu beobachten.

Nun kommt das Startsignal. Die Fock ist ausgerollt und es geht los. Alle Boote liegen reichlich auf der Backe. Wohlweislich haben wir die kleine Fock aufgezogen. Auf der Kreuz ist viel Platz, was insbesondere die Alstersegler reichlich genießen. Nach Tonne 1 folgen 2 Raumkurse, auf denen die Schwertboote sogar ins Gleiten kommen. Was für ein Bild. Gischt umsprüht alle Boote wenn sie zum Teil bis zum Schwert austauchen und über die Wellen flitzen. Kurz vor der 2. Wettfahrt zieht eine dunkle Front im Westen auf, was dann zu einer Verkürzung der Bahn führt. Das ist auch gut so, denn leider verliert ein P-Boot kurz nach dem Zieldurchgang den Mast und eine H-Jollen kentert. Zum Glück gibt es keine Personenschäden. Und alle lachen und helfen die H-Jolle zu lenzen und den Mast zu bergen. Abends wird dann der Tagessieger gekürt. Mit 2 ersten Plätzen gewinnt Dirk Frischmuth mit seiner 15 qm Rennjolle „Aeumorphia“ einen wertvollen Silberpokal aus den 50er Jahren, Gerd Ernst erhält als erster Leidtragender für den Mastverlust einen kleinen Silberpokal und Sven Hemprich bekommt für die Kenterung einen Leckpfropfen nebst Kinderluftmatratze, falls es doch mal übler ausgehen sollte.

Am nächsten Tag zeigt sich das Wetter ein wenig gnädiger und es weht nur noch mit 3 – 4 Bft. Die dritte Wettfahrt kann also wieder in voller Länge gesegelt werden. Die meisten Boote reffen aus oder setzen größere Vorsegel. So haben auch wir auf unserer H-161 von 1937 die mittlere Fock gewählt. Trotzdem liegen wieder alle reichlich auf der Backe und zischen über den Kurs. Später werden wir alle unsere Bauchmuskeln spüren. Und wieder ersegelt Dirk Frischmuth den ersten Platz mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 7 kn! Tommy Loewe erzielt mit seiner Berliner H-Jolle „Herta 2“ den zweiten Platz.

Für die Preise hatten wir uns etwas ganz Besonderes ausgedacht. Etliche unserer älteren Clubmitglieder haben alte Regattapreise hervorgekramt, die zum Teil von ihren Eltern ersegelt wurden. Darunter Regattaplaketten aus den 20er Jahren, ersegelt mit 22er nationalen Jollen, M-Jollen und anderen Rennklassen. Der älteste Preis, wunderschön aus Kupfer getrieben, stammt aus dem Jahr 1926, aus einer Zeit als der SC Hansa noch im Freien Segler Verband organisiert war. Diese wertvollen Preise haben wir nun als ewige Wanderpreise neu gestiftet und werden mit launigen Sprüchen and die Segler gebracht. Dirk Frischmuth erhält den Preis für die schnellste 15 qm Rennjollen, Tommy Loewe den Preis für die zweitschnellste Konstruktionsklasse, Maik Westfehling den Wanderpreis für das schnellste P-Boot und Rainer Enßlin aus Berlin den Preis für die schnellste Einheitsklasse mit seinem Schratz. Als schönstes Boot wird M-766, „Weef“, mit der „Sahneschnitte“ gekürt – einer drehbaren Tortenplatte – erster Preis einer Clubregatta aus dem Jahr 1953. Der Preis für Anmut & Grazie, eine Mischung aus Kinderschampoos und –cremes, damit die Anmut auch in Zukunft reichlich gepflegt werden kann, geht an die „Kronprinzessin Ute“. Insgesamt hatten wir beinahe mehr Preise als Teilnehmer. So können wir auch in den kommenden Jahren noch neue historische Preise an die teilnehmenden Segler verleihen. Hier ist verleihen der richtige Ausdruck, denn diese Preise wollen wir alle wieder sehen.

Nach den Wettfahrten für die Großen gibt es dann auch noch den Event für die Kleinen. Liebevolle werden bunte Papierschiffe gefaltet und mit Ballast versehen. Der Kurs: vom Steuerbord Steg zum Backbord Steg. Nach dem Startsignal wollen die Boote aber erst nicht so recht. Irgendwie scheint der Kurs nicht ganz klar zu sein und es herrscht große Aufregung bei den kleinen Steuerleuten. Der Wind hat aber ein Einsehen und pustet die Boote in die richtige Richtung. Zur Belohnung gibt es am Ende für alle kleinen Teilnehmer eine Ahoi-Tüte mit Süßigkeiten.

Als Fazit können wir nur sagen – es scheint allen Teilnehmer sehr gefallen zu haben. Der Ratzeburger See ist für solche Veranstaltungen ein wunderbares Revier. Er ist besonders für Schwertboote und kleinere Kielklassen geeignet, bietet reichlich Platz zum Segeln und kann noch viel mehr Boote verkraften. Und auch Zuschauer kommen nicht zu kurz, da die Kurse nah am Clubsteg ausgelegt werden können.
Steffen Thiemann



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