REGATTA

X. Bodensee-Traditionswoche: Mit der Hansa-Jolle 203 „Böppchen“ dabei

„Das tüchtige kleine Boot eignet sich durch die kleine, mit zwei ovalen Fenstern versehene Kajüte, die mit Schaumgummi-Schlafmatratzen ausgestattet ist und Schlafplätze für zwei Personen bietet, besonders auch für Tourenfahrten und erlaubt auch schon einmal eine längere Wanderfahrt über See.“ (Yacht 12/1953)
So dachten wir uns - ausprobieren! Wiewohl beide - meine Frau und ich - über 1,80m groß und nicht gerade zierlich, sollten die Nächte auf der kleinen Kielschwertyacht zu überleben sein.
Schon die Ankündigung der BTW per Email mit kurzem Programm erzeugte Vorfreude: fünf Tage Segeln auf dem Obersee, jeweils Streckenwettfahrten um die 10sm, ein Galaabend auf Schloss Montfort und ein Ausflug in’s Appenzell.
Also verlegten wir am 1. August unsere Hansa-Jolle vom Ammer an den Bodensee. Der Empfang in Friedrichshafen war herzlich. Recht rasch war das Rigg gestellt und das Schiff mit dem Notwendigen für eine Woche gepackt. Die BTW begann schließlich offiziell am Sonntag abend mit einem gemeinsamen Essen und der Vorstellung der Jubilare „HOC“, 80er Seefahrtskreuzer von 1929, und „Porcupine“, einer Spreizgaffelketsch von Burmester 1934.

Montag, 2. August: Friedrichshafen - Rohrspitz
Unter bewölktem Himmel mit zeitweisen Niederschlägen ging es recht unspektakulär bei Wind um die 2Bft aus West bis Nordwest nach Österreich an den Rohrspitz westlich der Rheinündung. Es war ein schöner Raumschots-„Rutsch“ bis in die Hafeneinfahrt trotz Regens, vor Allem wegen der vielen ganz unterschiedlichen Klassiker; immerhin ein Starterfeld von ca. 50 Schiffen. Noch während der Platzsuche im durch die BTW überfüllten Hafen ging ein Schauer nieder - Regen blieb während des Abends und der Nacht präsent.
Für den Hansajollensegler heißt das: Leben im Kriechgang unter der über den Baum gespannten Persenning. Im Hafenrestaurant im Kreis der Klassiker-Segler allerdings bekamen wir davon nichts mit.

Dienstag, 3. August: Rohrspitz - Langenargen
Nach einem trüben Morgen begann es aufzureißen, und pünktlich zum Vorstartgetümmel nahm auch der Wind zu. So ging es bei erneut ca. 2Bft aus West an die Kreuz mit langen Schlägen. Das Feld zog sich rasch auseinander und so erhielt man erst am Kontrollboot Rückmeldung über den Verlauf. Unter dem Nordufer mit Ansteuermarke „Schloss Montfort“ gab es viele schöne Yachten zu sehen; auch solche, die - unverständlicherweise - nicht an der BTW teilnahmen.
Nach Zieldurchlauf war es erneut eine Herausforderung, im YCL-Hafen Platz zu finden. Da Holzboot-Eigner aber grundsätzlich vorsichtig und rücksichtsvoll eher einen Fender zu viel als zu wenig ausbringen, stellte die Enge nie ein Problem dar.
Der schöne Tag fand einen stilvollen Abschluss beim Galaabend auf Schloss Montfort. Ein Sektempfang auf der Terrasse am See; Klassische Musik, vorgetragen in beachtlicher Qualität von den Töchtern der Präsidenten der Bodensee-Schiffer, Volker Friedrich, sowie einem der Eigner der HOC und schließlich ein Buffet von hervorragender Qualität, finanziell unterstützt von den „Geburtstagsschiffen“ “Porcupine”, “HOC” & “Pusteback”, machten den Abend zu einem echten Höhepunkt. So wurde es spät; genoss man doch zudem auch den Austausch mit den anderen Klassiker-Liebhabern.

Mittwoch, 4. August: Langenargen - Fussach
Trotz der kurzen Nacht startete pünktlich die dritte Überführungsregatta bei strahlendem Sonnenschein. Leider schien auch der Wind am Vorabend etwas länger unterwegs gewesen zu sein; jedenfalls war er noch sehr müde. Erst am späten Vormittag kam er langsam zu sich und beschleunigte das Feld. Er drehte auch in eine Richtung um Ost, so dass zunächst ein Anlieger direkt möglich war, dann sogar noch Spinnaker gezogen wurden. Schließlich war schnell, viel zu schnell die Regattastrecke abgesegelt. Nun ging es noch durch die Betonnung, die auf 2sm das Fahrwasser in und durch die Fussacher Bucht bis in den Hafen festlegte.
Im Hafen schließlich fanden die meisten Schiffe Platz in einem wirklich beeindruckenden Päckchen; nur die größten hatten eigene Liegeplätze.
So gab es viel zu sehen auf den anderen Schiffen; von modifizierten Folkebooten, Einzelbauten, Kreuzerklassen bis hin zu einer Max-Oertz-Sonderklasse von 1905 „Elisabeth“. Beim abendlichen Seglerhock wurde es erneut spät; sei es im Hafenlokal auf der Terrasse, unter einem schönen Baum bei einigen Glas Rotwein oder am Grillplatz.

Donnerstag, 5. August: Fussach - Rietli
Was für ein herrlicher Morgen: Klare Luft, Sonne, leichter Wind aus West bis Südwest und ein Blick beim Auslaufen, dass man meinte, wahrlich in See zu stechen - ist doch das „gegenüberliegende“ Ufer bei Konstanz immerhin 64m unter der Kimm. Schließlich kam erneut der vertraute „2er“ auf und es ging auf eine „ewige“ Kreuz. Ein erneut traumhafter Tag, wäre nicht etwa 1sm vor der Ziellinie recht rasch nur noch „Wind von oben“ gewesen und wir hätten über eine Stunde gebraucht, um trotz recht guter Position im Feld gerade so 10 Minuten vor dem Schuss noch über die Ziellinie zu treiben.
Frisch geduscht ging es schon um 17:00 Uhr mit Oldtimer-Bussen mit Faltdach ins Appenzell, wo ein Schweizer Abend einen weiteren Höhepunkt der BTW bildete.

Freitag, 6. August: Rietli - Güttingen
Leider hatte der bislang recht verläßliche Wind sich schon ins Wochenende verabschiedet. Deshalb zogen viele „gegrillte Segler“ nach drei Stunden Dümpelns ohne Aussicht, die (verkürzte) Bahn zu schaffen, ihr Streichergebnis und tuckerten unter Motor nach Güttingen, einem zauberhaften Steinhafen, wo ein Bad im Bodensee und ein kühles Bier die Körpertemperatur wieder in den grünen Bereich brachte. Am Abend stand die Abschlussveranstaltung mit Siegerehrung auf dem Programm.
Auch hier gelang es den Oldtimer-Schiffern unter Leitung von Volker Friedrich und seiner lieben Frau Dorle, einen Höhepunkt zu setzen. Anstatt der ewig gleichen Teilnehmerpreise erhielt jedes Schiff ein individuell ausgewähltes Geschenk. Eine Jazzband, bei deren Klängen niemand ruhig sitze konnte, untermalte den Abend, der nur langsam ausklang – schließlich wollten Viele an diesem letzten Abend einfach nicht auseinandergehen.
So endete ein traumhafte Woche auf dem Bodensee, die uns mit der Erinnerung an wunderschöne Schiffe mit Persönlichkeit und Persönlichkeiten mit wunderschönen Schiffen, eingerahmt von der Landschaft am Bodensee und dem Charme dreier Länder, lange in Erinnerung bleiben wird.

PS. Unser Abschluss bestand in einer recht anständigen „Ritt“ zurück an’s deutsche Ufer, bei dem der Wind nachholte, was er bislang versäumt hatte. “Böppchen” bestand den „Seetest“ mit Bravour und lief Romanshorn-Kressbronn bei über 5Bft und ca. 1,5m unangenehm steile Welle in eineinhalb Stunden: Ein Schnitt von ca. 6kn! Am Sonntag verabschiedete uns der Bodensee erneut mit Kaiserwetter und einem schönen letzten Schlag zurück nach Friedrichshafen, wo wir erneut die Gastfreundschaft der Oldtimer-Schiffer in Anspruch nehmen durften: Allein wegen uns wurde ein „Kranführer“ organisiert, uns so war am Abend “Böppchen” wieder zurück am Ammersee.
Hermann von Koch



top...

back

Home Regatta Regattaberichte Bodenseewoche 09