REGATTA

Elbe Klassik: Verträumte Orte...

Foto: Karin Holzapfel

Elbe Klassik - das ist Segeln in seiner Ursprünglichkeit, ohne viel Reglement und Regattaregeleien. Vorbestimmt sind naturgemäß Orte und Zeit. Der Wandel ist bei dieser Veranstaltung Programm und führt jedes Jahr zu einem anderen verträumten Ort an der Niederelbe.
Wischhafen stand als Ziel recht früh fest, es galt „nur“ noch einen Termin zu finden. Mal passte die Tide nun gar nicht, mal winkten die „Eingeborenen“ ab. Familien-Groß-Feiern, Hochzeiten und anderes ziehen offenbar den ganzen Ort an. Geblieben war der 6. Juni. Ein schöner Termin, der allerdings frühes Aufstehen verlangte.
Treffpunkt ist beim Dwarsloch, einem engen Nebenarm der Elbe, der nach Haseldorf, dem letztjährigen Ziel führt. Kein Wunder, dass trotz kernigen Westwindes am Vorabend schon die halbe Flotte bis Brunshausen, einem kleinen Platz an der Schwingemündung am gegenüberliegenden Südufer geschippert ist und hier schon einmal „vorglüht“.

So ist das im Tidenrevier: Noch kurz vor 8 Uhr morgens sieht alles nach einsamen Segelstunden aus, aber nur wenige Minuten später haben mehr als 30 Boote aus stillen Ankerplätzen, kleinen und großen Häfen zusammengefunden. Das Spektakuläre ist der bunte Mix revierüblicher Boote vom nationalen Kreuzer über diverse KR-Boote und Spitzgatter zu den Schwertbooten, mit und ohne Kajüte. Einzige Regel: Das Führungsschiff darf nicht überholt werden, in diesem Jahr „Lot mi“, der Seekreuzer aus der Sammlung von Elmar Specht. Pünktlich mit dem Start kommt schöner Wind auf, Sonne dazu. Große Garderobe, also Genua I. Mehrfach dreht Elmar bei, lässt das ganze Feld sehr geschickt wieder zusammenrücken. Wichtig ist die Gelegenheit, sich am Anblick der anderen schönen Boote zu erfreuen. Der NE legt leicht zu, irgendwann können die Teilnehmer gegen den bereits hart laufenden Flutstrom bis Brokdorf segeln. Hier heißt es „Schoten frei“. Wer vorn ist, ist vorn. Das ist souverän die pfeilschnelle M-Jolle „Billy“, erstmals dabei und - so der Eindruck mancher Skipper - ob ihres unglaublichen Geschwindigkeitspotentials eigentlich auch als ständiges Depeschenboot statt der Verständigung über UKW-Funk gut einsetzbar. Vor Wischhafen hat es schon ordentlich aufgelaufen. So lange die Fähren nach Glückstadt und die Meyer’sche Müllschute verkehren, wird hier regelmäßig gebaggert, so dass das Feld ohne Ankermanöver im Schutz der Brammer-Bank einlaufen kann. Wenn erst einmal der Tunnel für die geplan- te Autobahn fertig sein sollte, werden die Segler die Fähren mit ihren besonnenen Kapitänen und den vielen winkenden und knipsenden Menschen noch sehr vermissen! Ihr neuer Anleger ist draußen vor dem mächtigen Deich.

Auf die Elbe- Klassiker warten Plätze beim Wischhafener Yacht Club Niederelbe, der hinter dem Sperrwerk inmitten schönster Natur und tiefstem Frieden einen Steg am ehemaligen Fähranleger aus der Zeit vor der letzten Eindeichung betreibt. Lohn des frühen Aufstehens ist ein langer Nachmittag, angefüllt mit einer Sonderführung in dem sehenswerten Kehdinger Schifffahrtsmuseum. Als Teil der „Maritimen Landschaft Unterelbe“ berichtet es von der vergangenen Kleinschifffahrt und dem Leben der Menschen. Zu ihm gehört auch das ehemalige Kümo „Iris-Jörg“, das seinen festen Platz im alten Hafenbecken gefunden hat. Sehenswert, da alles original! An Land und im Laderaum kommen Grill- und Zapfexperten zu ihrem Recht, Elmar läutet mit launigen Worten die obligate Preisverteilung ein. Die Liegeplätze fallen bei Niedrigwasser trocken, dank des weichen Schlicks ist nachts kein Boot wirklich umgefallen. So etwas hebt die Stimmung. Dann kommt Elmars morgendlicher Brötchendienst, bevor die Ersten in seltsamer Morgenhektik winken: „bis zum nächsten Mal!“.
U. Körner



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