PFLEGE & RESTAURIERUNG

Aufbauten


Aus dem A&R-Archiv

Uwe Baykowski stellt die wesentlichen Bauteile einer Yacht, ihre Beschaffenheit, Aufgaben und damit verbundene Probleme vor.


Aufbauten

Für den Ästheten sind lange, schmale Rümpfe mit wenig Aufbau ein Ideal. Der Fahrtensegler möchte jedoch gern ein Dach über dem Kopf haben, unter dem er möglichst mit geradem Rücken stehen kann. Oft enden diese Ansprüche in einem 2-Stufen-Aufbau, dem so genannten Doghouse, welches durchaus praktische Vorzüge haben kann. So wird hier die Stehhöhe im Pantry- oder Kartentischbereich erzielt, oder es birgt bei größeren Yachten sogar einen Kartentisch, der vom Cockpit aus benutzbar ist, ohne in die Tiefen der Kajüte hinabsteigen zu müssen.
 
Konstruktiv wird der Verlauf  des Kajütaufbaus an Deck von dem „Strak“ der Kajütschlinge bestimmt, (Zeichnung Deckbalken mit Schlinge) die seitlich nach außen die „Halben Decksbalken“ oder „Stichbalken“ aufnimmt.
In den meisten Fällen wird die Kajütseitenwand von innen gegen die Schlinge, die Stirnwand vorn und achtern gegen die durchlaufenden Decksbalken geschraubt. Das Deck wird somit gegen die Aufbauwand geschraubt, wodurch eine senkrechte Fuge zwischen Deck/Schlinge und Aufbauwand entsteht, die den Eignern oft Sorge bereitet, weil sie zu Leckagen neigt.
 
Bei der aufwändigeren Methode steht die Aufbauwand auf dem Kajütleibholz, welches bereits als Teil des Decks auf der Schlinge liegt. Die Wand steht auf einem erhöhten Teil des Leibholzes, welcher durch eine Hohlkehle auf Decksniveau endet. Das Leibholz erhält zusätzlich einen nach innen erhöhten Falz. Durch die Aufbauwand und das Deck gebohrte Vertikalbolzen sorgen für eine feste Verbindung mit der
Kajütschlinge.
Der Vorteil dieser Verbindung ist offensichtlich: Durch die Erhöhung der Naht um die Hohlkehle steht hier nicht ständig Wasser  wie bei der vorgenannten Verbindung. Durch den Falz in dem Leibholz muss das eindringende Wasser eine „Ecke“ mehr überwinden, bevor es auf die Koje tropft.
Selbstverständlich sind diese Verbindungen beim Bau des Schiffes zusätzlich zur Verschraubung verklebt oder verleimt worden, doch wie wir ja schon wissen, lassen die Leime mit den Jahrzehnten los und die Verbindung beginnt zu lecken.

Das gleiche Problem besteht bei den Aufbauecken, der Verbindung der Seitenwände mit der Stirnwand. Die Konstruktion dieser Verbindung ist, ohne respektlos sein zu wollen, in den meisten Fällen sehr einfach ausgeführt: Die Aufbauseiten stoßen gegen die Hirnholzkanten der Stirnwand , von innen ist ein Eckklotz eingesetzt. Das Ganze wird dann miteinander verleimt und verschraubt. Auch hier öffnen sich mit der Zeit die Nähte von der Außenseite, zunächst wird das Hirnholz der Stirnwand schwarz und es dauert nicht lange bis auch hier das Wasser eindringt.
Teilweise wurden auch „Eckpfosten“ mit Fälzen aufgestellt, in die die Seitenwände und die Stirnwand geleimt und verschraubt wurden. Diese Ausführung ist schon eleganter, die Problematik bleibt jedoch die gleiche.

Diese Bewegungen des Holzes werden hauptsächlich durch starke Sonneneinstrahlung verursacht. Um Probleme gar nicht auftauchen zu lassen, gilt auch hier wie bei der Schonung der Lackierung: Abdecken mit einer Persenning so oft wie möglich!
Denn während das Unterwasserschiff eines hölzernen Rumpfes ein vergleichsweise ruhiges Dasein in annähernd gleich bleibendem, feuchtem Klima genießt, leiden Deck und Aufbauten sehr unter dem Wechsel von Nässe, Kälte, Wärme und Sonneneinstrahlung.
Eine gute Lackierung schützt die Verbindungen ebenfalls, zu wenig Schichtstärke führt früh zu Haarrissbildung in der Lackoberfläche, durch die Feuchtigkeit dringen kann.

Sollen Leckagen an der Decks-Aufbauwand-Verbindung beseitigt werden, sollte zunächst geprüft werden, ob die Verschraubung mit der Schlinge noch fest ist, oder ob hier Ablösungen festzustellen sind. Dies lässt sich durch Abklopfen und mit dem Versuch, ein dünnes Spachtelblech oder ähnliches von unten zwischen Schlinge und Wand zu schieben, feststellen. Auch sollten ein paar Schrauben aus der Verbindung herausgedreht werden, um ein Gespür für die Festigkeit der Verbindung zu bekommen. Nur in den schlimmsten Fällen ist die Verbindung spürbar lose. Hier ist dann eine komplette Neuverschraubung unumgänglich.
 
Befindet sich zwischen dem Leibholz eines Teakdecks und der Aufbauwand eine Gumminaht, ist diese zu erneuern. Hier ist es jedoch äußerst effektiv, die Naht vor dem Vergießen mit G4 (Polyurethanharz von Yachtcare) zu tränken. Man wundert sich, welche Mengen dieser Flüssigkeit, die sich auch noch verdünnen lässt, in den Tiefen einer Naht verschwinden. Dieses Harz dringt tief in die Poren des Holzes ein, verfestigt weiche Stellen und dichtet, wobei es zähelastisch bleibt. Es ist gleichzeitig ein Haftvermittler (Primer) für die nachfolgende Vergussmasse.
 
Auch wenn ein Leibholz ohne Naht direkt gegen den Aufbau verlegt ist, kann man versuchen Leckagen mit G4 zu stoppen bevor man zum Gummi greift.
 
Dies gilt auch für Aufbauecken oder ähnliche Verbindungen. Vorraussetzung für einen Erfolg ist jedoch, dass das Holz richtig trocken ist, und sich keine Feuchtigkeit in der Verbindung befindet.
Bleiben die Versuche ohne Erfolg, sollten die Nähte aufgefräst und entweder mit einer MS-Polymer- oder PU-Vergussmasse aufgefüllt oder mit einer sauber eingepassten Leiste mit Epoxidharz verleistet werden.
 
In den 60er Jahren wurden die ersten Aufbauten formverleimt hergestellt. Die Formen wurden deutlich runder, die problematischen Nahtverbindungen entfielen. Allerdings sind auch diese Bauweisen nicht immer unproblematisch, weil die Leime bereits an manchen Stellen loslassen.

 
Fenster in Kajütaufbauten
 
Kleinere Yachten mit einem flachen Aufbau haben meist die kleinen „klassisch-ovalen“ Fensterrahmen in ihren massiven Aufbauseiten. Für die Scheibe ist ein Falz in die Wand gefräst, der Rahmen deckt den Falz ab und ist in die Wand geschraubt. Die üblichen Dichtungsmittel sorgen für eine leckagenfreie Montage.
Es kommt vor, das aus den Fensterausschnitten eine geringfügige Rissbildung in der Aufbauwand auftritt, die sich ausleisten lässt.
 
Yachten mit höheren Aufbauten sind oft mit größeren Fenstern ausgestattet, die eckig mit schrägen Vor- und Hinterkanten ausgeschnitten sind. Die Aufbauwände werden hier aus Rahmenkonstruktionen hergestellt, weil eine derart breite Massivholzbohle mit großen Ausschnitten unweigerlich in Faserrichtung bis zur Instabilität reissen würde.
Leider können sich auch hier die Nut- und Zapfenverbindungen der Rahmenhölzer durch Alterung des Leimes lösen . Wasser dringt ein, der Lack löst sich ab, die Verbindung wird schwarz und beginnt im schweren Stadium zu lecken und schlussendlich von innen zu faulen.
Hier gilt es, die ersten Rissbildungen, meist in Form von Lackablösungen, zu erkennen und zu behandeln. Anfangs kann hier wieder mit G4 experimentiert werden, bei größerer Nahtbildung ist auch hier die Naht aufzufräsen und mit einer Leiste zu versorgen. Eine 2-Komponenten Epoximasse oder Gummi ist die weniger fachgerechte Lösung.

 
Eine ausgesprochen elegante Festerausführung ist die folgende: Die Fensterausschnitte mit runden Ecken  sind für die Aufnahme der Scheibe so tief gefälzt, dass noch ca. 10 bis 14 mm, je nach Dicke der Aufbauwand, an Wandung stehen bleibt. Entsprechend diesen Ausschnitten werden feine Rahmen aus verchromten Messing oder rostfreiem Stahl gefertigt und mit Bohrungen versehen, durch die die Rahmen in die Ausschnitte geschraubt werden.
Diese filigran wirkenden Rahmen verbergen ihre Tücken in der Verschraubung. Nach mehrfachem Abziehen der Außenhaut wird das verbleibende Holz immer dünner, und an den Verschraubungen wird eine Rissbildung mit dunkler Verfärbung mit der Zeit unvermeidlich.
An vielen dieser Fensterkonstruktion sind kleine Spunde an den Schrauben zu erkennen, die den Gesamteindruck des Aufbaues nicht verschönern. Ist ein fortgeschrittenes Stadium erreicht, kommt man um eine Furnierung des Aufbaues nicht umhin, wenn er makellos sein soll.
 
Mit Luken, Lukenrahmen, Schiebeluken und Skylights sowie dem Cockpit beschäftige ich mich in einer weiteren Folge.
Probleme, die das Kajütdach mit sich bringen kann, wurden bereits in einer früheren Folge behandelt, so die Erneuerung eines Leinenbezuges am Beispiel „Skjold“ oder eines Sperrholzbelags am Beispiel „Hella“.
In diesem Zusammenhang auch ein herzliches Danke an Claus Peter Rieck, 20er Jollenkreuzer „Struntje“! Von ihm stammt der Hinweis, dass Ölpapier heutzutage noch von ratioform Verpackunglösungen Nord GmbH, Birkenweg 7-9, 21465 Reinbek, angeboten wird.


Uwe Baykowski auf Schadenssuche



Anmerkung

Bis 1920 war es Mode, ein rundes, gedämpftes Vorderstück an der Kajüte zu haben. Dazu kam häufig ein Oberlicht, um genügend Licht unter Deck zu haben.
Danach dominierten die einfachen Kajüten, bei denen die Seitenzargen bis zur Vorpiekluke fortgesetzt sein durften oder zu einer Stelle vor dem Mast zusammengezogen wurden.
Ab den 50ern wurde die Kajüte am Mast vorbei verlängert. Um noch darüberhinaus Platz unter Deck zu schaffen, wurden die Masten jetzt auch oft auf das Deck oder das Kajütdach gestellt. Das setzte Konstruktionsmethoden voraus, die die Kräfte vom Mast auf die Schotten und die Rumpfseiten übertragen konnten.



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