VORGESTELLT

Wie die Plätte entstand

Aus der "Yacht" 1933, 14: 10qm Einheitsboot für den Chiemsee

"Der Chiemsee ist zwar eines der schönsten deutschen Binnenreviere, er liegt aber so weit ab vom Strom des Verkehrs, daß der Segelsport dort lange Zeit so gut wie gar nicht ausgeübt wurde. Dazu kommt, daß die durch die Vorgebirgslage bedingten schwierigen Windverhältnisse und der infolge der Größe des Gewässers schon bei mittlerer Windstärke aufkommende recht erhebliche Seegang einerseits manchem weniger Erfahrenen recht unangenehme Nackenschläge versetzt, andererseits ein wirklich genußreiches Segeln unter allen Verhältnissen nur mit ziemlich schweren und damit teuren Booten ermöglicht.

Die in Berliner Gewässern enstandenen und auf sie zugeschnittenen Jollenklassen sind auf dem Chiemsee alle nur bedingt geeignet. So beschränkt sich die Zahl der aktiven Segler dort auch heute noch auf eine kleine, aber unentwegte Gilde, die sich hauptsächlich den 40qmSchärenkreuzer als geeignetstes und verhältnismäßig billig zu erstehendes Boot erwählt hat.

Daneben ist aber, durch das gute Beispiel angespornt, im Laufe des letzten Jahrzehnts ein zweiter Kreis von Seglern entstanden, der sich aus den jüngeren Anwohnern des Chiemsees, insbesondere der Bewohnerschaft der Fraueninsel zusammensetzt und mit den Gästen aus der Stadt im besten Einvernehmen um die Förderung des Sports und die Veranstaltung der Regatten bemüht ist Diese einheimischen Kräfte, hauptsächlich im Wassersportverein Frauenchiemsee zusammengeschlossen, waren von jeher bemüht, auch den weniger Bemittelten das Segeln und insbesondere den Wettsegelsport zu ermöglichen. Es wurden dazu vor allem die einheimischen Fischerboote, die sogenannten Plätten verwandt, für die im Laufe der Jahre verschiedene interne Vermessungsvorschriften herausgegeben wurden.

Die Erfolge einzelner dieser Boote halfen dazu, allmählich einen Typ auszubilden, der eine Garantie für Seetüchtigkeit und gute Geschwindigkeit bot, so daß in den letzten Jahren die Regattafelder dieser Boote immer geschlossener wurden. Da sich zuletzt die Maße der erfolgreichsten Fahrzeuge nur noch unwesentlich unterschieden, entschloß sich der Wassersportverein, zusammen mit dem Chiemsee-Yacht-Club im vorigen Herbst nach deren Muster genaue Baubestimmungen für eine Einheitsklasse herauszubringen.

Das so entstandene Boot ist nicht nur zum Regattasegeln zu gebrauchen, sondern mit einem Zeltdach versehen auch ein brauchbares Wanderboot und ein seetüchtiges, zu Erwerb und Vergnügen geeignetes Ruderboot. Es ist darauf geachtet, daß Mast und Spieren im Boot untergebracht werden können. Die Materialstärken der Takelage sind so bemessen, daß stehendes Gut in Fortfall kommen kann. Es ist also bei schwereren Böen möglich, auch bei raumem Wind das Segel auswehen zu lassen, was für die Sicherheit wesentlich ist. Das leichte Ho!z macht das Boot auch ohne Luftkästen unsinkbar, die große Länge erhöht die Schnelligkeit. Über die Seetüchtigkeit des Typs, auch bei recht erheblichem Seegang, liegen ausgedehnte Erfahrungen vor.

Der ausschlaggebende Gesichtspunkt war immer der, den Preis für das fertige Boot so niedrig wie möglich zu halten. Man kann wohl sagen, daß mit dem vorgeschriebenen Höchstpreis von 180,— RM. in Fichte, 200,— RM. in Föhre und 210,— RM. in Lärche eine untere Grenze für ein regattafähiges Boot erreicht ist, die nicht so leicht unterboten werden dürfte. Es steht zu hoffen, daß der Segelsport auf dem Chiemsee durch diese einheimische Bootsklasse neue Anregung und neuen Zuwachs besonders von der Jugend erhält."



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