Masten und Spieren


Uwe Baykowski stellt die wesentlichen Bauteile einer Yacht, ihre Beschaffenheit, Aufgaben und damit verbundene Probleme vor - in dieser Folge “Masten und Spieren”.


Auf den meisten Klassischen Yachten werden Holzmasten gefahren, wie es auch von den damaligen Konstrukteuren vorgesehen war.
Gleichwohl kommen auch Aluminium- und Carbonmasten mit PBO-Wanten aus Kunstfasern bei den Rennklassen wie 30er Schären oder Meter-Klassen immer mehr in Mode.
Die Vorteile der kalkulierbareren Biegekurven, des geringeren Gewichts bei höherer Festigkeit und des geringeren Pflegeaufwands überwiegen für manchen engagierten Regattasegler gegenüber der ästhetischen Erscheinung eines in der Sonne golden glänzenden Spruce-Mastes.

Wir konzentrieren uns an dieser Stelle auf Holzmasten.


Um das Konstrukt „Mast“ besser verstehen zu können,
werden zunächst unterschiedliche Riggarten vorgestellt:

1. Unverstagte Masten

Kleinere Jollen wie das Finn-Dinghy, Optimist-Jolle oder die Europe fahren unverstagte Masten, die ursprünglich aus Vollholz gefertigt wurden, derzeit jedoch ausschließlich aus Aluminium oder Carbon geliefert werden.

2. Topgeriggte Masten

Diese Riggart wird u.a. bei Seekreuzern wie KR-Yachten, Ketchen oder Yawls gefahren, die vom Konstrukteur eher als Tourenschiffe ausgelegt sind.
Das Vorstag reicht hier bis zum Masttop, das Vorsegeldreieck ist relativ groß.
Die Masten verjüngen sich nach oben wenig, weil hier Festigkeit zur Aufnahme der Vorstagkräfte erforderlich ist. Das Rigg ist nicht auf Biegung ausgerichtet, die Masten stehen gerade ausgerichtet an Deck und sollen es während des Segelbetriebes auch bleiben.
Selbstverständlich kann das Achterstag bei hartem Amwindkurs gut durchgesetzt werden, um den seitlichen Durchhang der Windanschnittkante des Vorsegels so weit wie möglich zu verringern. Schon so mancher Skipper eines Seekreuzers hat während einer Regatta seinen Mast eingebüßt, weil das Rigg mit einem zu starken Achterstagspanner ausgerüstet war, und der Mast zu hart nach achtern getrimmt wurde.
Bei diesen Riggs wird der Druck bei Starkwind im Segel durch Reffen verringert.

3. Dreiviertel-Riggs

Der weitgereiste Experte nennte diese Riggs auch „fractional rigging“.
Das Vorstag setzt hier auf ca. 3/4 (das kann variieren) der Mastlänge an, das Masttop kann über der oberen Saling oder dem Jumpbock in Längsrichtung frei nach achtern biegen.
Diese Masten verjüngen sich nach oben deutlich und sollen nach achtern biegen können.
Durch Zug am Achterstag, bei sensiblen Riggs ist auch der Schotzug am Großbaum ausreichend, biegt der Mast über die ganze Länge in Längsrichtung, nicht seitlich. Damit öffnet das Segel im Achterliek, der Druck im Segel verringert sich merklich. So kann das Großsegel noch bei höheren Windgeschwindigkeit ungerefft am Wind gefahren werden.
Bei raumen und Vorwindkursen wird das Achterstag entlastet, der Segeldruckpunkt wandert nach vorn.
Auch die Luvgierigkeit eines Bootes kann bei diesen flexiblen Riggs am Wind mit dem Achterstag beeinflusst werden.
Die BauartenFür die Bauart der Holzmasten ist die Riggart jedoch unerheblich.
Im Wesentlichen unterscheiden wir drei Masttypen aus Holz:

1. Verleimte Vollholzmasten
2. Verleimte, hohle Masten, aus mehreren Teilen rechteckig, oval oder rund verleimt
3. Pfahlmasten, aus einem massiven Baumstamm „gehauen“.
Diese Masten werden meist auf Traditionsseglern oder Arbeitsschiffen eingesetzt.


Die verleimten Vollholzmasten werden eher auf kleineren Boten wie
z. B. Folkebooten oder Drachen gefahren, bei denen das Gewicht eines Vollholzmastes proportional noch erträglich ist, bei größeren Yachten wird das Gewichtsverhältnis zu ungünstig.

Die Herstellung dieser Masten ist einfacher als die der hohlen Masten, wobei die Mastenbauer und die engagierten Regattasegler der Folkebootklasse immer wieder darüber diskutieren, ob die Verleimung in Quer- oder Längsrichtung für den „Speed“ des Bootes vorteilhafter ist.

Die Längsverleimung ist für den Mastenbauer allemal vorteilhafter, weil die Göl (Nut für das Segel) unmittelbar in die beiden mittleren Kanthölzer eingefräst werden kann, hier spart man mehrere Arbeitsgänge gegenüber der Querverleimung, wo die Göl als Halbrund-Hohlkehle in zwei Leisten gefräst und erst nach dem Verleimen des Korpus aufgesetzt werden kann.

Der Bau eines Folkebootmastes klingt -theoretisch beschrieben- relativ einfach:
Mehrere Schichten Holz werden zu einem vierkantigen „Leimbinder“ verleimt, wobei der sorgfältige Mastenbauer darauf achtet, dass die leichteren Hölzer nach oben gelegt und die schwereren Hölzer nach unten gelegt werden, um den Mastschwerpunkt soweit wie möglich nach unten zu bekommen. Dies verringert das Topgewicht und das Boot segelt (zumindest theoretisch) aufrechter. Die Göl wird, wie oben erwähnt, vor dem Verleimen eingefräst, es ist auf eine sorgfältige Konservierung vor dem Verleimen zu achten, weil sie nach dem Leimvorgang nur schwer zu erreichen ist.
Der „Schlitz“ für die Göl wird mit der Handkreissäge oder mit einer Lamellofräse geschnitten.


Der ca. 11,20 Meter lange Vierkant wird nun in Form „geshapt“, das heiß nach oben stark seitlich und Längsrichtung verjüngt, die Göl wird ca. 1,30 Meter über Deck abgesetzt.
Die Hinterkante bleibt vollständig gerade, während die Vorkante genau nach Zeichnung ausgestrakt wird. Diese Arbeiten werden entweder an der Bandsäge oder mit einer Handkreissäge ausgeführt. Der Mast ist nun immer noch ein „Vierkant“
Die Vorkante wird nun zunächst zu einem halben Achtkant ausgearbeitet, 16-Kant, 32-Kant und danach rund.
Bevor alle Kanten gerundet werden, ist die Öffnung für das Scheibgatt des Großfalls einzuarbeiten, wofür der Profi einen Kettenstemmer benutzt.
Zum Schluss ist noch die „Hök“, der Haken für die Aufnahme des Achterstags, aus drei Schichten verleimt, anzuleimen.

Ab der breitesten Stelle wird der Mast nun nach achtern oval ausgehobelt, zunächst mit dem E-Hobel, dann mit der Rauhbank und dem Putzhobel. Danach wird der Mast fein geschliffen.
Solch einen Mast mit sauberen Straks, gleichmäßigen Rundungen und vollkommen maßhaltig herzustellen, ist schon ein kleines Kunstwerk.

WEITER LESEN:

restaurierung-baykowski-10.htm
mit vielen Fotos…