Weserjollentreffen: 2. Grünhagen-Cup


Die zweite Ausgabe des neu gestifteten Cups der "Sechseinhalber" wurde Ende Juni auf der Oberweser ausgesegelt.


Nachdem im vergangenen Jahr die Hundert-Jahr-Feier des SC St.Veit - Heimatverein von Georg Rohde, auf dessen Werft in Altenesch mehrere der aktiven Sechseinhalber entstanden sind - zum Anlass genommen wurde, das erste Mal um den neu gestifteten Grünhagen-Cup zu segeln, ging es in diesem Jahr auf die Oberweser.

Schon vor hundert Jahren war die Weser oberhalb des Wehrs, durch die Tidenunabhängigkeit bedingt, ein beliebtes Ausflugsziel für Ferdinand Grünhagen, den Kunstschlosser aus dem Bremer Peterswerder, seine Familie und seine Segelkameraden aus dem unterhalb des Wehrs beheimateten Segelverein Weser (SVW). Auch im Oberweser Segelverein (OSV) waren die eleganten und gleichzeitig seetüchtigen Jollen des Hobby-Konstrukteurs mehrerer Generationen von Weser-Klassenbooten jahrzehntelang beheimatet. Zuletzt waren es K79 „Santiano“ (u.a. ex „As he geit“, ex „Windsbraut“) , letzte hochgetakelte Vertreterin ihrer Art, und die bereits in den neunziger Jahren äußerst professionell restaurierte 539 „Phönix“, die durch ihre Epoxid-Harz-Versiegelung mit Abstand den geringsten Pflegebedarf aller noch existierenden Sechseinhalber haben dürfte. Während K79 zurzeit aufgelegt ist und ihre Restaurierung hoffentlich in absehbarer Zeit beginnen wird, ist „Phönix“ aktuell an der Elbe beheimatet und steht dem Vernehmen nach zum Verkauf.

Eigentlich war für dieses Jahr ein Treffen an der Schlei, Traumziel für Wanderjollen und Heimatrevier von K135 „Oblomov“, geplant gewesen. Da sich dieses aus verschiedensten Gründen nicht realisieren ließ, erklärte sich der OSV spontan bereit, Liegeplätze und Regattaleitung zur Verfügung zu stellen, und so trafen sich am dritten Juni-Wochenende fünf Grünhagenjollen – drei Sechseinhalber und zwei Fünfeinhalber – um zum zweiten Mal um den Wanderpreis, das Halbmodell einer Grünhagenjolle, zu segeln.

K48 „Hol di nich up“ trat bereits am Donnerstag die Reise von Lemwerder weseraufwärts, durch die Bremer Innenstadt an Teerhof und Schlachte vorbei an, am nächsten Tag kam der Titelverteidiger 743 „Älskling“ vom Steinhuder Meer per Trailer und wurde mit dem Kran zu Wasser gebracht.

Am Sonnabend stieß von der anderen Seite der Weser noch K129 „Kumpel“ vom Wassersportverein Hemelingen hinzu, komplettierte das Sechseinhalber-Trio und unternahm auch gleich gemeinsam mit „Älskling“ ein paar Probeschläge, bei Sonnenschein aber leider etwas zu wenig Wind. Anschließend gab es noch ein Abendessen mit den Crews und Weserjollenfreunden aus dem OSV.

Der nächste Tag brachte nicht nur wieder herrlichen Sonnenschein und im Gegensatz zum Vortag auch traumhaften stetigen Südwind mit 3 bis 4 Beaufort, sondern leider auch die schlechte Nachricht, dass sich die Ankunft der beiden Fünfeinhalber K118 „Stint“ und K150 „Forelle“ des Segelvereins Weser, die im Schlepp vom Weserstadion zum OSV gebracht werden sollten, durch einen technischen Defekt in der Sportbootschleuse verzögern würde, da sie nun mit der Berufsschifffahrt zusammen durch die große Schleusenkammer mussten. So fand die auf 10:00 Uhr angesetzte Steuermannsbesprechung erst um 10:30 statt, der für 11:00 Uhr vorgesehene Start wurde auf 11:30 Uhr verschoben.

Nun konnten aber endlich die Boote bemannt werden, die Sechseinhalber verließen im Schleppverband den Hafen, und hinter der Startlinie ging das Gerangel um die beste Ausgangsposition los. Schon nach dem zweiten akustischen Signal jedoch, das vier Minuten bis zum Start ankündigte, wurde offensichtlich, dass „Stint“ Probleme hatte: der Fünfeinhalber trieb ohne Fahrt und Ruderwirkung in Richtung rechtes Weserufer und musste abgeschleppt werden. Das Rennen wurde folgerichtig unterbrochen und ein neuer Start auf 12:00 Uhr terminiert.

Dieser konnte dann auch tatsächlich stattfinden, leider ohne den „Stint“, dessen Schwertaufhängung defekt war und der trotz Notreparatur nur zum Ende des Rennens und außer Konkurrenz nochmal aufs Wasser gehen konnte.

Nachdem das Feld anfangs dicht beieinander über die Startlinie gegangen war, kristallisierte sich schnell die Reihenfolge „Älskling“, „Hol di nich up“, „Kumpel“ und „Forelle“ heraus, an der sich insgesamt auch nichts mehr ändern sollte, wenn auch die Abstände zwischenzeitlich mehrfach schrumpften oder wuchsen. Von der Startlinie, die in Verlängerung der Peilung Kran – Flaggenmast des OSV lag, die Meile zur ersten roten Tonne kreuzen, diese an Steuerbord lassen, dann raumschots zurück und hinter der Startlinie wieder wenden; das ganze dreimal, so lautete die Segelanweisung. Mehrfach musste das Wegerecht durchziehender Binnenschiffe respektiert, und das ein oder andere mal zur Unfallverhütung auch das eigene gegenüber offensichtlich regelunkundigen motorisierten Angelbooten und Segelanfängern zurückgestellt werden. Dies betraf aber alle Regattateilnehmer und hatte angesichts der Gesamtdistanz keinen Einfluss auf das Ergebnis.

Da „Stint“ und „Forelle“ ursprünglich am selben Tag noch zurück zum SVW wollten und die letzte Talschleusung in der Berufsschifffahrtsschleuse um 15:00 Uhr sein sollte, wurde angesichts des verschobenen Zeitplans beschlossen, das Rennen nach zwei Durchläufen zu beenden. Nach Auswertung der Zeiten durch die Regattaleitung bewahrheitete sich wieder einmal der alte Spruch „die Letzten werden die Ersten sein“: aufgrund der wegen der geringeren Rumpfgeschwindigkeit gewährten Vergütung gewann K150 „Forelle“ den Wanderpreis, den Steuermann Christian Werblow vom SVW aus den Händen des Vorjahressiegers Bernd Metz entgegennahm.

Nach dem Aufklaren der Boote wurde noch gemeinsam unter den lauschigen Bäumen auf der Terrasse des OSV-Clubhauses auf die erfolgreiche Veranstaltung und die Gastfreundschaft des OSV angestoßen und zu Mittag gegessen, anschließend verabschiedeten sich die Teilnehmer. Einig war man sich darüber, Treffen und Regatta nächstes Jahr wieder stattfinden zu lassen; Austragungsort und -zeitpunkt hingegen liegen noch nicht fest. Von Seiten des OSV, der berechtigte Hoffnungen hegen darf, im nächsten Jahr auch selbst wieder Heimathafen eines Sechseinhalbers zu sein, wurde die Bereitschaft signalisiert, wieder Gastgeber zu sein; denkbar wären aber auch eine Austragung durch den neuen Titelverteidiger SVW, ein Treffen auf der Elbe, um die dort beheimateten beiden Sechseinhalber mit einzubinden, oder auch das in diesem Jahr nicht realisierbare Treffen auf der Schlei.

Der Wettbewerb der möglichen Austragungsorte ist somit eröffnet; schön wäre es vor allem, die Teilnehmerzahl mindestens zu halten und im Idealfall noch ausbauen – von den insgesamt elf (bekannten) noch existierenden Sechseinhalbern sind acht aktiv oder zumindest ohne großen Aufwand aktivierbar, und auch das Schwert des „Stint“ wird sicher spätestens bei der dritten Teilnahme funktionstüchtig sein – dreimal ist schließlich Bremer Recht.

Text & Bilder: Alexander Skalicky