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Elbe Klassik 2005: "Vom Winde verweht"

Rasmus ist offenbar kein Freund klassischer Yachten. Es hätte ja wohl auch was gefehlt, schickte er nicht pünktlich zur Elbe–Klassik den Sommer in Kurzurlaub, mag der Zyniker denken. So präsentierte sich das Feld der Unermüdlichen doch ein wenig gerupft, das sich zum Treffen an der Niederelbe aufmachte. Kein Wunder. Bei Saukälte, angekündigten (und auch gebotenen) kernigen Regenschauern, dazu die Vorhersage mit NW 6-7, bedarf es schon einer gehörigen Portion echter Leidenschaft, um nicht zu Hause zu bleiben. Aber wir sind mächtig stolz auf uns: wir sind nämlich dabei! Also Reff ins Groß, Baumfock hoch und immer scharf am zweiten Reff entlang zum Startplatz. Und großes Erstaunen, noch weitere „Verrückte“ vorzufinden.


"Logo" - Foto: Karin Holzapfel

Da die Elbe-Klassik immer dort anknüpft, wo sie im vergangenen Jahr aufhörte, hatte das Folkeboot „Tectona“ ab Lühesand die Aufgabe, die Meute beieinander zu halten. Erst bei „Klein Helgoland“ gab’s Schoten frei zur harten Leistungsprüfung, zum Glück mit fast-Anlieger. Traditionell wird auf der Elbe um die Sände gesegelt, daher sollte für uns rund um die lange, vor Glückstadt liegende Insel Rhinplatte geschippert werden. First ship home war der schwer gebaute 30er Jollenkreuzer „Niobe“. Das ursprünglich für die Luftwaffe gebaute Boot braucht eben doch eine gehörige Portion Wind. Ebenfalls mit vorn lag der alte Burmester-Bau „Logo“ von Thorsten Wildies. Nach langer (schier endloser) Restaurierung wieder mit dem rekonstruierten Steilgaffel-Rigg war es der erste Schlag. Keine Zeit zum probieren und manches noch mehr oder weniger provisorisch angebaut, weiß das Boot jetzt wenigstens wieder, was denn auf dem Wasser so anliegt. Einziger Verlust an dem Tag war die „Blenda“, die leider recht früh aufgeben musste, nachdem sich die Wanten an den Salingen gelöst hatten. Zum Glück aber blieb die Palme oben. Besondere Erwähnung verdient der 15 Jollenkreuzer „Antares“. Karin Holzapfel führte das kleine Boot souverän durch die rubbelige Elbe und schoß nebenbei schöne Bilder in Luv und Lee (die man auf www.Elbe-Klassik.de sehen kann).

Gastgeber war die „Vidi“-Crew um Rolf Brand. Ihr Heimathafen Barnkrug ist ein verträumter, in Schilf und Weiden versteckter Tidenhafen. „Vidi“ liegt dort nicht alleine: Das Schlickloch hat sich zu einem kleinen, unscheinbaren Zentrum klassischer Boote entwickelt. Also: Höchste Zeit, dort einmal einen Besuch abzustatten. Neben dem Umgang mit Kalender und Uhr braucht der Segler im Tidenrevier die nötige Geduld, bis über der ersten Barre genug Wasser steht und der Prickenweg hinter Schwarztonnensand nicht nur für Jollenkreuzer befahrbar ist. Dann folgt allgemeines Ankern vor der Zufahrt zum schmalen Priel, bis auch dieser befahrbar erscheint.

Das abendliche Grillen wurde – als Notlösung angekündigt – in die kleine Bootshalle hinter dem Deich verlegt und erwies sich als atmosphärischer Treffer. Improvisiert zwischen Folkebooten, Drachen und Tumlar, Hobelbänken und Gabelstapler begingen die Klassiker der Elbe ihre jährliche Familienfeier bei frischem Fassbier und angeregter Konversation.

Tide ist auch nachts, so ein Hafen fällt dann völlig trocken. In dem weichen Schlick sinken die Boote hervorragend ein, nur das eigene legt sich wie immer kräftig auf die Schnauze. So stellen wir uns in die schiefen Kojen, warten bis das Boot nächtens endlich zur Ruhe kommt. Rundherum nichts als Natur, umgibt uns eine unglaubliche Stille. Bei Hellwerden ist irgendwann das Wasser zurück, wir schlafen wieder ebenen Fußes. Mit dem Morgen laufen die meisten aus, ortskundigem Rat folgend auf dem ganz kurzen Weg über das Hohe vor Twielenfleth. Wir hingegen verholen uns zum ausgiebigen Frühstück nach Glückstadt.

Es war eine tolle Veranstaltung, nicht nur mit alten Booten, sondern auch mit alter Seemannschaft. Eben wahres Segeln „wie früher“. Wer vor dem Wetter gekniffen hatte, dem ist wahrhaft etwas entgangen. Zumal es nicht nur regnete. In den Pausen, mal ohne Südweser auf dem Kopf, schien es uns so, als würde Rasmus doch den Klassiker-Freunden ein wenig die Daumen drücken.

Ulrich Körner



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