PFLEGE & RESTAURIERUNG

"Charta von Barcelona": Mindeststandards für Erhaltung und Restaurierung - Eine europäische Charta für historische Wasserfahrzeuge

Lesen Sie bitte auch den englischen Originaltext
Nachfolgende Übersetzung wurde von der Redaktion erarbeitet, stellt also keine offizielle Übersetzung dar ...
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Präambel

Die 1964 verabschiedete Charta von Venedig bildet die verbindliche Grundlage für den Umgang mit historischer Bausubstanz auf internationaler Ebene.
Sie beginnt mit einer Präambel:

Als lebendige Zeugnisse jahrhundertelanger Traditionen der Völker vermitteln die Denkmäler der Gegenwart eine geistige Botschaft der Vergangenheit. Die Menschheit, die sich der universellen Geltung menschlicher Werte mehr und mehr bewußt wird, sieht in den Denkmälern ein gemeinsames Erbe und fühlt sich kommenden Generationen gegenüber für ihre Bewahrung gemeinsam verantwortlich. Sie hat die Verpflichtung, ihnen die Denkmäler im ganzen Reichtum ihrer Authentizität weiterzugeben.
Es ist daher wesentlich, daß die Grundsätze, die für die Restaurierung der Denkmäler maßgebend sein sollen, gemeinsam erarbeitet und auf internationaler Ebene formuliert werden, wobei jedes Land für die Anwendung im Rahmen seiner Kultur und seiner Tradition verantwortlich ist.
Indem sie diesen Grundprinzipien eine erste Form gab, hat die Charta von Athen von 1931 zur Entwicklung einer breiten internationalen Bewegung beigetragen, die insbesondere in nationalen Dokumenten, in den Aktivitäten von ICOM und UNESCO und in der Gründung des "Internationalen Studienzentrums für die Erhaltung und Restaurierung der Kulturgüter" Gestalt angenommen hat.


Während die „Charta von Venedig“ 1964 den Umgang mit alten Gebäuden, Monumenten und historischen Stätten regelte, setzt die „Charta von Barcelona“ nun europaweit gültige Mindeststandards speziell für die Erhaltung und Pflege von in Betrieb befindlichen historischen Wasserfahrzeugen.


Definitionen

ARTIKEL 1. Das Konzept des maritimen Erbes umfasst sowohl das einzelne traditionelle Schiff, das von einer ihm eigentümlichen Zivilisation Zeugnis ablegt oder eine bezeichnende Entwicklung erkennen lässt, sowie das traditionelle Segeln, Seemannschaft und seemännische Fertigkeit. Es bezieht sich nicht nur auf größere Schiffe, sondern auch auf bescheidenere Werke, die im Laufe der Zeit eine kulturelle Bedeutung bekommen haben.

ARTIKEL 2. Die Bewahrung, die Wiederherstellung und der Betrieb der traditionellen Schiffe muss sich aller naturwissenschaftlichen und technischen Mittel und Methoden bedienen, die einen Beitrag zur Erforschung und Erhaltung des überkommenen maritimen Kulturerbes leisten können.


Ziel

ARTIKEL 3. Die Absicht bei der Erhaltung und Restaurierung traditioneller Schiffe in Fahrt ist es, sie sowohl als Kunstwerke als auch als geschichtliches Zeugnis zu bewahren und um traditionelle Handwerksfertigkeiten am Leben zu erhalten.


Erhaltung

ARTIKEL 4. Es ist für das anhaltende Überleben der traditionellen Schiffe wesentlich, dass sie andauernd gepflegt werden.

ARTIKEL 5. Der Einsatz der traditionellen Schiffe in einer gesellschaftlich nützlichen Form begünstigt immer ihre Bewahrung. Solcher Gebrauch ist folglich wünschenswert, aber er darf nicht das äußere Erscheinungsbild des Schiffs erheblich verändern. Die Änderungen, die durch eine Änderung der Funktion verlangt werden, sollten innerhalb dieser Grenzen gehalten werden.

ARTIKEL 6. Ein traditionelles Schiff ist mit seiner Geschichte, deren Zeuge es darstellt, sowie mit dem Gewässer, in dem es segelte, untrennbar verbunden.. Folglich sollten Heimathafen und Einsatzbereich sich idealerweise in den Regionen seines ursprünglichen Heimatreviers befinden.


Restaurierung

ARTIKEL 7. Der Prozess der Restaurierung ist ein in hohem Grade spezialisierter Vorgang. Sein Ziel ist es, den ästhetischen, funktionellen und historischen Wert der traditionellen Schiffe zu konservieren und zu entdecken. Er gründet sich auf die Respektierung des alten Originalbestands und auf authentische Dokumente. Vor Beginn und während der Restaurierung werden stets historische Untersuchungen zum Schiff anzustellen sein.

ARTIKEL 8. Die Wiederherstellung der traditionellen Schiffe wird am besten mittels der traditionellen Materialien und der Techniken vollendet. Wo traditionelle Materialien oder Techniken sich als unzulänglich herausstellen, kann die Konsolidierung der Schiffe durch den Gebrauch von modernen Konservierungsverfahren gesichert werden, deren Wirksamkeit durch wissenschaftliche Erkenntnisse bewiesen und durch praktische Erfahrung garantiert ist.


ARTIKEL 9. Die Restaurierung eines traditionellen Schiffs erfordert nicht, dass das Schiff in den Originalzustand des Entstehungsjahres wieder zurückgeführt wird. Einige Schiffe haben einen großen historischen Wert in einer späteren Periode ihres „Arbeitslebens“ erlangt. Die Wiederherstellung in den Zustand einer bestimmten Periode sollte nur nach vollständiger Betrachtung der Qualität der historischen und technischen Unterlagen durchgeführt werden, die für die gewählte Zeit vorhanden sind.

ARTIKEL 10. Obligatorische Navigations- und Sicherheits-Ausrüstung muss sich dem Ganzen harmonisch eingliedern, aber dennoch vom Originalbestand unterscheidbar sein, damit die Restaurierung den Wert des Denkmals als Kunst- und Geschichtsdokument nicht verfälscht.

ARTIKEL 11. Zusätze sind nicht erlaubt, es sei denn, sie lenken nicht von interessanten Teilen des Schiffes ab und respektieren seinen traditionellen Rahmen und die Harmonie seiner Komposition respektieren.

ARTIKEL 12. Die Erhaltungs- und Restaurierungsarbeiten sollten stets mit der Erstellung einer exakten Dokumentation Hand in Hand gehen, die mit Zeichnungen und/oder Fotographien und anderen Medienmitteln veranschaulicht werden können. Alle Abschnitte der Arbeit für die Freilegung, die Bestandssicherung, die Zusammenfügung und Integration sowie alle im Zuge der Arbeiten festgestellten technischen und formalen Einzelheiten werden zu verzeichnen sein.
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The BARCELONA CHARTER as adopted by the EMH Working Group 28 th of September 2002 in Enkhuizen.
Arne Gotved Anders Berg
Signed March 30th 2003
on board Fregatten Jylland, Ebeltoft DK
(Chairman EMH Cultural Council) (President EMH)



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