PFLEGE & RESTAURIERUNG

Nordischer Kreuzer Kornia VI


„Ich will lieber segeln, als die ganze Zeit in der Halle zu stehen!“

Aussagen wie diese haben wir von vielen Freunden aus der Segelszene gehört, als Überlegungen zum Kauf eines Holzbootes konkreter wurden. Zum Glück besaßen wir schon einen Schwertzugvogel aus Holz, der nach mehreren Jahren intensiver Zuwendung auch nicht viel mehr „Liebe beanspruchte“ als ein Plastikboot. Das gab uns den Mut, ein größeres Projekt zu wagen und nach Dänemark zu reisen, um uns die Kornia VI – einen Nordischen Kreuzer – anzuschauen. Wir ahnten zu diesem Zeitpunkt schon, dass es kein zurück geben würde.


Bootsklasse

In den Jahren um 1930 sollte auf Wunsch der skandinavischen Länder eine Yacht konstruiert werden, die erschwinglich war und auch die Ostsee überqueren konnte, um zu Regatten zu reisen. Schärenkreuzer waren nicht seetüchtig genug und die mR Klassen zu teuer, so dass der erste Riss von Knud Reimers eine Kombination aus mR Klasse und Schärenkreuzer darstellte. Dieser ist innerhalb der Formel mit einem Wert von 5 ½ kurz unterhalb der verbreiteten 6mR Klasse angesiedelt.
Der Nordische Kreuzer ist dabei gleichzeitig ein familientaugliches Boot, welches sich aber auch in Regatten mit den in Skandinavien weit verbreiteten 30qm- Schärenkreuzern messen kann. Aufgrund der Vermessungsregeln, die unter anderem mehrere Kojen und eine Schublade neben anderen fahrtenspezifischen Ausbauten vorschreiben, ist der Vergleich bei Leichtwind mit den 30qm- Schärenkreuzern ambitioniert.

In Dänemark wurden ca. 50 Boote und in Schweden ca. 60 Boote in Fahrt gebracht. Die meisten Boote haben die Jahre gut überstanden und nehmen recht regelmäßig an Regatten teil. Bestrebungen, bei den Regatten im Ostseeraum ein Feld von Nordischen Kreuzern zusammen zu bekommen intensivieren sich in den letzten Jahren, so dass zur Laboe Regatta 2008 drei Schiffe antreten konnten, die nahezu gleich schnell waren und interessante Rennen ausgetragen werden konnten. Wir hoffen, dass diese Entwicklung anhält und die Boote wieder häufiger in der Kombination Fahrtensegeln und Regattasegeln genutzt werden. Denn eben diese Kombination zu ermöglichen stand ursprünglich hinter den Bemühungen von Gustav Estlander und Knud Reimers, als sie die Klasse ins Leben riefen.


KORNIA VI

Der Nordische Kreuzer „KORNIA VI“ wurde von Robert Jensen in der 5,5m Klasse konstruiert und war in den Jahren nach 1938 der bekannteste Riss der Klasse. Diesem folgte der Bau von insgesamt 15 weiteren Booten.

Der erste Eigner der Kornia war der Konstrukteur Robert Jensen persönlich, der mit dem Boot in den Folgejahren viele Regatten gewann. Zweiter Eigner war Jens Thorsen aus Kopenhagen, über den nicht viel zu erfahren ist. Erst im März 1970 wurde die Kornia an Svend Erik Gram Petersen weitergegeben, der in den Folgejahren sehr erfolgreich segelte. So gewann er die NSK Regatten am 14. Juni nach allen Wertungen, die SAS Fehmarn Regatta, die SAS Agensösundseijlads und die Femö Agersö Regatten im Jahr 1970. Die Folgejahre verliefen für ihn ähnlich erfolgreich. Gert Boyesen aus Prestö war der Voreigner, von dem wir das Boot im Sommer 2006 übernahmen.

Gesamtgewicht 3030 kg laut Messbrief – inzwischen ca. 3200kg u.a. durch Vire Motor und Batterie
Kielgewicht 1510kg
Breite 2,09 m
Länge 10,45 m
Tiefgang 1,46 m
Segelfläche 30,30 qm



Restauration

In den Jahren um 1985 wurde die Kornia umgebaut und erhielt eine neue Kajüte, ein neues Cockpit und ein neues Deck.
Leider war die handwerkliche Ausführung nicht von der Qualität, die eine Yacht verlangt, um langfristig den Wettereinflüssen zu widerstehen. Beim Kauf 2006 war uns noch nicht klar, dass die Kornia durch die Umbauten stark gelitten hatte. Auf den ersten Blick sah alles noch solide aus.
In den nächsten Jahren sollte sich herausstellen, dass die Substanz des Rumpfes ausgezeichnet ist, der Aufbau, das Deck und das Cockpit allerdings keine größeren Restaurationsbemühungen mehr rechtfertigten. Teile hiervon zu ersetzen schien uns immer unsinniger, so dass wir uns entschlossen, alles, was nicht dem Original entsprach, abzureißen und nach dem Riss von 1938 in einer dem Rumpf entsprechenden Qualität nachzubauen. Der Qualitätsunterschied der originalen Teile und der Umbauten war einfach zu groß und auch mit relativ ungeschultem Auge schnell zu erkennen.
Um mit den Arbeiten schnellstmöglich zu beginnen wurde daher der Krantermin früh angesetzt, so dass wir schon Anfang Oktober 2008 starteten, das Deck abzureißen. Zeitgleich bemühten wir uns um das benötigte Holz, da für die Seitenwände der Kajüte 6,20 m lange Mahagoni-Planken benötigt wurden.

Hier fündig zu werden, ist nicht einfach, so dass wir am Ende einen ganzen Stamm kaufen mussten, der letztlich nur zu einem kleinen Teil verbraucht werden wird.

Es folgt eine Art Tagebuch der Restauration. Aufgrund der Erfahrung von schlechter handwerklicher Leistung und der umfangreichen Arbeiten wollten wir das Projekt mit professioneller Unterstützung angehen. Der Bootsbauer aus unserem Heimathafen Barnkrug war uns schon durch seine Arbeiten an anderen Holzbooten bekannt und wir konnten schnell zur Tat schreiten. Ohne diese Hilfe wären wir wohl in dieser Saison nicht aufs Wasser gekommen. Nun sehen wir der Nordseewoche entgegen, wollen aber bestenfalls vorab noch trainieren.


Oktober 2008

An insgesamt drei Tagen haben wir das alte Deck, die Kajüte und Teile des Cockpits abgerissen. Das Sperrholz war an den meisten Stellen so verrottet, dass es allerhöchste Zeit wurde, das auf den ersten Blick noch ansehnliche Deck zu erneuern. Unter den Teakplanken war das Sperrholz teilweise nass und ließ sich mit einem Löffel abtragen. Von unten und oben sah es jedoch noch gut aus! So haben wir auf der Laboe Regatta mit der Crew der AGNES gesprochen, die unser Anliegen nicht ganz verstehen konnte und natürlich auch die Klarheit unserer Entscheidung wieder etwas trüben ließ. Im Nachhinein sind wir sehr froh, keine Mühen in die alten Strukturen investiert zu haben.


Ende Oktober 2008

Die Reste des Decks und das gesamte Cockpit wurden entfernt, die Decksbalken angeschliffen und mit Barend Palm Bootsöl 2mal geölt und 3mal lackiert. Das Öl zog dabei sehr gut ein und gab dem alten Eichenholz einen kräftigen Ausdruck. Nach den drei Lackschichten sind die alten Balken wieder gut geschützt und können sich auf die nächsten 70 Jahre freuen.

Den Rumpf achtern haben wir abgezogen und 3mal mit Bahrend Palm Bootsöl geölt. Zunächst haben wir bei der ersten Schicht etwas verdünnt, was nicht nötig war, da es auch unverdünnt so tief ins Holz eindrang, dass wir später auf die Verdünnung verzichteten. Beim nächsten "Termin" soll der Rumpf achtern klar lackiert werden - genauso die Duchtweger und die Knie.

Zeitgleich wurden die Sperrholzplatten angerissen und geschäftet. Nachdem sie komplett aufgeschraubt waren, schraubten wir sie wieder ab, um sie von unten 4mal weiß mit Bio Pin Lackfarbe zu lackieren.

Wir verwandten Sperrholz der besten Güteklasse von Sommerfeld & Thiele aus Sipo Mahagoni. Dies war zwar preislich nicht günstig, gemessen an den Arbeitsstunden die auch durch das verrottete Sperrholz nötig wurden, wird sich die Investition in ausgezeichnete Qualität aber in den nächsten Jahrzehnten lohnen.

Die späteren Positionen der Decksbalken haben wir markiert und vor der Lackierung abgeklebt, um der Klebeverbindung zwischen Balken, oberster Planke und Sperrholz mit Epoxy optimalen Halt zu bieten. Im November sollen die Platten verklebt werden. Bis dahin müssen die Lackierarbeiten an den Balken abgeschlossen sein. Insgesamt scheint die Arbeit relativ zügig von statten zu gehen. Allerdings können wir noch nicht einschätzen, was uns beim Verlegen des Decks und der Konstruktion der Kajüte erwartet.


November 2008

Die Platten wurden auf die Decksbalken geklebt, wozu wir einen Tag benötigten. Wenn alle Vorarbeiten geleistet sind, wundert man sich häufig, wie schnell es auf einmal weitergeht. Der bereits ein halbes Jahr lagernde Mahagoni Stamm mit 6,20 m Länge, konnte am folgenden Tag in der Tischlerei Oberdiek (vielen Dank nochmals für die Unterstützung) an professionellen Maschinen ausgehobelt und aufgesägt werden. Hierfür hätten wir sicherlich mit unserem normalen Werkzeug mehrere Tage benötigt. So kostete es einen Nachmittag Zeit. Jetzt haben wir sämtliches Holz aufgesägt in der Bootshalle liegen und können darauf im Bedarfsfall zurückgreifen ohne unsere Arbeit unterbrechen zu müssen.

Als problematisch stellte sich die genaue Planung des Vorluks heraus, da die Aussparung der originalen Spanten zu den Rissen der von Robert Jensen gezeichneten Booten differierte. Die Luke scheint extrem groß, doch haben wir uns entschlossen, die originalen Balken zu erhalten und das Luk im Originalzustand zu belassen und nicht die vermutlich veränderten Pläne als Vorlage zu verwenden. Aufgrund der Tatsache, dass Robert Jensen die Kornia für sich gebaut hat, wird er sich sicherlich etwas dabei gedacht haben. Ohne das Deck sah die Luke jedoch dermaßen groß aus, dass man sich kaum vorstellen konnte den Originalzustand vor Augen zu haben. Mit Decksleisten und Aufbau wirkt dies optisch zu unserer Freude vollkommen anders.

Die Innenbordwand haben wir an den nun gut zugänglichen Stellen abgezogen, mit Barend Palm Öl zweimal geölt und danach 3mal mit dem zugehörigen Lack lackiert. Das Ergebnis ist hervorragend und war eine schöne Abwechslung, da bei allen anderen Arbeiten der Lohn - sprich das Ergebnis - erst in einem halben Jahr sichtbar sein wird. Unterdessen hat der uns unterstützende Bootsbauer bereits die ersten Stäbe Oregon Pine auf das Deck gelegt, die später mit Epoxy verklebt werden.


Anfang Dezember 2008

Die meisten Stäbe sind verklebt. Das Schandeck innen und außen ist zugesägt und auch weitgehend mit Epoxy verleimt. Insgesamt kann man sich nun zum Glück schon wieder vorstellen, dass wir die Kornia im Frühjahr 2009 zu Wasser lassen können.

Die Maße der Kajüte wurden mithilfe von Schablonen aus mdf-Pappe festgelegt. Dabei haben wir versucht, die Originalmaße einzuhalten, sind aber in Nuancen von der Form der Decksbalken abgewichen, um die Wölbung in der Mitte zu reduzieren und an den Seiten zu erhöhen. Als Vorlage diente uns dabei das wunderschöne Kajütdach der Minona (siehe www.nordischekreuzer.org)


Weihnachten 2008

Bis zu den Weihnachtstagen hatten wir uns vorgenommen, das komplette Deck fertig zu stellen. Leider reichte die Zeit nicht aus und das Wetter spielte uns nicht mit. Bei Temperaturen um 5°C und hoher Feuchtigkeit war es nicht möglich, lange in der Halle zu arbeiten, ohne sich aufzuwärmen, wodurch viel Zeit verloren ging:

Das Deck wird mit 12mm Sperrholz und 4mm Oregon Pine gebaut. Bei 4mm Stabdecksleisten, die mit Epoxy aufgeleimt werden ist eine Dehnungsfuge nicht notwendig. Das Holz kann ohnehin nicht wirklich arbeiten, da es auf der Unterseite verklebt ist. Als Vergussmasse verwenden wir mit Graphit geschwärztes und angedicktes Epoxy. Der Vorteil ist zum einen die zusätzliche Stabilität der Verklebung und zum anderen die homogene Oberfläche, bzw. eine Oberfläche, die nicht arbeitet und besser zu lackieren ist. Als Dichtungsmasse wäre sonst nur die Kombination Panterra Vergussmasse mit BioPin Öl und Lack möglich gewesen, da diese eine gute Verbindung eingehen. Einen Vorteil würde es dadurch allerdings nicht geben, da das Holz wie beschrieben nicht mehr arbeiten kann. Bis Weihnachten haben wir das Deck zwar verlegt aber nicht vergossen, da die Temperaturen dies nicht zuließen.


Zu Beginn des Jahres 2009

widmen wir uns zunächst den Kleinteilen. Neben den neuen Beschlägen legen wir auch die Position und Ausmaße der Bullaugen fest, die jetzt bei der Firma Dauelsberg in Delmenhorst gefertigt werden. Wir beginnen ebenfalls mit dem Verleimen der Decksbalken, von denen nur einer pro Tag auf unserer Form verleimt werden kann.

Ewig erscheint es uns bei den Temperaturen bis zum Saisonstart. Ein Blick auf den Kalender und auf die noch auf uns zukommenden Arbeiten (Neubau des kompletten Cockpits, Neubau der Kajüte und Anbringen sämtlicher Beschläge) bringen uns dazu den Saisonstart bereits gedanklich nach hinten zu verschieben. Eissegeln auf dem Steinhuder Meer ist bei minus 5°C angesagter als in der Halle zu stehen. Der DN Schlitten ist ja wenigstens aus Holz!


Februar 2009

Kurz vor dem Wintertreffen haben wir nun die Seitenwände der Kajüte nach Schablonen ausgesägt und die Leisten für das Kajütdach mit BioPin Lack 3mal von unten lackiert. Leider lassen es die Temperaturen momentan nicht zu mit den Arbeiten ernsthaft voran zu kommen, da weder das Deck vergossen werden kann, noch können wir die Kajüte „aufbauen“. Aufbauen deshalb, weil sie quasi fertig in der warmen Werkstatt liegt, bei um 0° C allerdings nicht angeleimt werden kann. Wir hoffen auf bessere Temperaturen!


Ganz herzlich möchten wir uns bei der Hafengemeinschaft Barnkrug und unserem Bootsbauer bedanken! Ohne die fachkundigen Ratschläge und vielen Unterstützungsleistungen wären wir sicherlich im Verlauf der Arbeiten häufig an unsere Grenzen gestoßen oder hätten den großen Schritt gar nicht erst gewagt, welcher im Nachhinein vollkommen richtig und unausweichlich erscheint.

Voller Vorfreude auf die nächste Saison blicken wir auf die kommenden Freundeskreisregatten und Treffen und eine hoffentlich stetig anwachsende Gemeinde Nordischer Kreuzer!


Informationen über den Baufortschritt und weitere Fotos finden sich unter

www.kornia.de
Klasseninformationen finden sich auf den Webseiten des Freundeskreises und

www.nordischekreuzer.org

Robert Vincke


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